Zur Steuerpflicht eines deutschen Geschäftsführers

Zur Steuerpflicht eines deutschen GmbH-Geschäftsführers mit Wohnsitz im Ausland

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I. Einführung

 

Den Ausführungen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Herr Meyer ist Geschäftsführer der deutschen Müller-GmbH mit Sitz in Rosenheim. Herr Meyer lebt dau­erhaft in Bangkok (Thailand) und verbringt im Laufe des Jahres weniger als sechs Monate in Deutschland.

Der Ausgangspunkt ist die Vorschrift des § 1 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (nachfolgend „EStG“), nach der das Folgende gilt:

Natürliche Personen, die im Inland weder Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben [sondern z. B. in Thailand] sind (…) beschränkt einkommens­steuerpflichtig [in Deutschland], wenn sie inländische [deutsche] Einkünfte im Sinne des § 49 haben.“

§ 49 EStG bestimmt, welche Einkünfte ihrer Art nach unter die beschränkte Steuerpflicht i. S. v. § 1 Abs. 4 EStG fallen. Anknüpfungspunkt der Besteuerung ist weniger die Person des Einkommensbeziehers als die Quelle, aus der die Einkünfte fließen. Insofern müssen in Deutschland lediglich inländische [deutsche] Einkünfte versteuert werden.

 

II. Grundsätze

 

Bei beschränkt Steuerpflichtigen wird nicht das Welteinkommen, sondern nur die in § 49 EStG genannten Einkünfte vom deut­schen Fiskus besteuert.

Steuerpflichtig gem. § 49 EStG sind:

  1. Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (…) [z. B. Weinbau, Gartenbau, Pferdezucht];
  1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (…) [z. B. ge­werbliche Unternehmen];
  1. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (…), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist (…) [z. B. freiberufliche Tätig­keit von Anwälten oder Ärzten];
  1. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (…), die 

a) im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist (…) [z. B. Gehäl­ter, Gratifikationen], oder

b) aus inländischen öffentlichen Kassen (…) gewährt werden (…), oder

c) als Vergütung für eine Tätigkeit als Ge­schäftsführer, Prokurist oder Vor­standsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezo­gen werden, oder

d) als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 für die Auflösung eines Dienstver­hältnisses gezahlt werden (…), oder

e) an Bord eines im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahr­zeugs ausgeübt wird (…);

  1. Einkünfte aus Kapitalvermögen (…) [z. B. Gewinnanteile, Dividenden];
  1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (…) [z. B. von unbeweglichem Vermögen (Wohnung) in Deutschland];
  1. sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 1, soweit sie dem Steuerabzug unterworfen sind [z. B. wiederkehrende Bezüge (Renten)];
  1. sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 2 (…) [z.B. private Veräußerungsgeschäfte];
  1. sonstige Einkünfte i. S .d. § 22 Nr. 4 [z. B. Entschädigungen, Amtszulagen, Übergangsgelder, Sterbegelder, Versorgungsabfindungen];
  1. sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 3 (…) [z. B. Einkünfte aus gelegentlicher Vermitt­lung].

III. Steuerpflicht des Geschäftsführers einer GmbH nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 lit a) EStG [Ausübung oder Verwertung im Inland]

 

Einkünfte eines Geschäftsführers unterliegen der beschränkten Steuerpflicht, wenn sie aus nichtselbständiger Arbeit stammen, die in Deutschland ausgeübt oder verwertet wird.

 

1. Merkmal: Ausübung der Tätigkeit

Die Problematik, die bezüglich der Geschäfts­führung im Ausland besteht, ist die Bestim­mung des Ortes der Tätigkeit des Geschäfts­führers.

Der Ort der Arbeitsausübung befindet sich grundsätzlich dort, wo sich der Arbeitnehmer zur Ausführung seiner Tätigkeit persönlich aufhält.

Besonderheiten gelten allerdings für andere als körperliche Tätigkeiten. Hierbei kann sich die Frage ergeben, ob nicht die „Ausübung“ einer Tätigkeit eher dort geschieht, wo die Tätigkeit Wirkungen entfaltet, als dort, wo sich die Per­son im Augenblick der Tätigkeit tatsächlich aufhält.

a) Ältere Rechtsprechung

Diesbezüglich wurde von der deutschen Rechtsprechung für Organe von Kapitalge­sellschaften entschieden, dass die Tätigkeit am Ort des Sitzes der Gesellschaft ausgeübt wird. Dies wurde damit begründet, dass bei einer Arbeitsausübung, die maßgeblich in der Wahrnehmung von Leitungsfunktionen besteht, sich die Tätigkeit der betreffenden Person nicht im Treffen und der Bekanntgabe von Entscheidungen erschöpft, sondern in der Durchsetzung der erteilten Weisungen kraft der Persönlichkeit und des Geschickes der Leitungsperson, sodass das entscheidende Gewicht jeder Einzelanweisung sich am Ort des Unternehmens entfaltet, auch wenn die Person dort nicht anwesend ist.

b) Neuere Rechtsprechung

Dem wurde entgegnet, dass letzten Endes der Ort der Tätigkeit durch den Ort der Verwer­tung ersetzt wird.

Dieser Gegenauffassung hat sich nunmehr auch die deutsche Rechtsprechung ange­schlossen und sich damit von der vormals vertretenen Auffassung gelöst. Für den Ort der Tätigkeit wird nunmehr auf den tatsächlichen Aufenthaltsort des Geschäftsführers abgestellt. Die Folge dieser Rechtsprechung ist, dass der im Ausland ansässige Geschäftsführer seine Tätigkeit nicht im Inland (Deutschland) ausübt und folglich nach der ersten Alternative keine Steuerpflicht in Deutschland ausgelöst wird, sofern die Tätigkeit ausschließlich im Ausland ausgeübt wird und nicht etwa durch einen beruflich veranlassten Aufenthalt in Deutschland als im Inland ausgeübt gilt.

2. Merkmal: Verwertung der Tätigkeit

Darüber hinaus ist zu prüfen, wo es bei Entscheidungen des Geschäftsführers zu einer Verwertung i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG kommt. Sollte die Tätigkeit des im Ausland an­sässigen Geschäftsführers in Deutschland ver­wertet werden, wäre er im Inland (beschränkt) steuer­pflichtig.

Hierbei ist zu beachten, dass die reine Arbeits­leistung nicht der Verwertung zugänglich ist. Es genügt auch nicht, dass die Vergütung zulasten eines inländischen Auftraggebers ge­zahlt wird.

Vielmehr setzt Verwertung einen über die Ar­beitsleistung hinausgehenden Vorgang voraus, ein körperliches oder geistiges Arbeitsprodukt, das der Steuerpflichtige selbst dem Inland zu­führt. Darüber hinaus kann nur derjenige, der die verwertbare Leistung selbst erbracht hat, nicht ein Dritter, der das Ergebnis einer selb­ständigen Tätigkeit erworben hat, verwerten. Befindet sich der Geschäftsführer im Ausland, ist daher eine Verwertung in Deutschland nicht gege­ben.

Indem der Geschäftsführer der inländischen Unternehmung lediglich Anweisungen an diese gibt, die Dritte umsetzen, wird die Arbeitsleis­tung des Geschäftsführers nicht i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG verwertet und unterliegt somit nicht der beschränkten Steuerpflicht.

3. Fazit

Die beschränkte Steuerpflicht des im Ausland ansässigen Geschäftsführers ist im Regelfall nicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 lit. a) EStG begründet, da mit Thailand als Ort der Tätigkeit in der Regel keine Verwertung in Deutschland erfolgt und auch eine Ausübung der Tätigkeit in Deutschland nicht stattfindet. Deutschland verzichtet in sofern in derartigen Faellen auf eine Besteuerung. Da aus den ge­nannten Gründen schon keine Doppelbesteuerung des Einkommens stattfindet, kommt es in dieser Konstellation auf die Regelung des jeweiligen DBA nicht an.

Bezüglich der Gesellschaft ist jedoch zu beachten, dass diese gem. § 1 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, solange sie ihren Sitz (§ 11 AO) in Deutschland hat. Sofern eine Gesellschaft jedoch keinen Sitz in Deutschland hat und sich eine unbeschränkte Steuerpflicht ausschließlich aus dem Ort der Geschäftsleitung ergibt, kann die unbeschränkte Steuerpflicht entfallen, sofern die Geschäftsführung ausschließlich aus dem Ausland heraus ausgeführt wird.

Im Hinblick auf das Umsatzsteuerrecht können sich im Falle eines ausländischen Ortes der Geschäftsleitung besondere Konsequenzen ergeben:

Sonstige Leistungen, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt werden, werden an dem Ort ausgeführt, aus dem der Empfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 S. 1 Umsatzsteuergesetz (nachfolgend „UStG“). Dies ist bei Körperschaften der Ort der Geschäftsleitung (§ 3a Abs. 1 S. 3 Umsatzsteuer-Anwendungserlass). Befindet sich also der Ort der umsatzsteuerlich relevanten Geschäftsleitung nicht in Deutschland (sondern z. B. in Thailand), werden von der Gesellschaft bezogene Leistungen nicht in Deutschland erbracht und sind in Deutschland nicht steuerbar. Sofern der Leistungserbringer (unrichtigerweise) die Umsatzsteuer in Rechnung stellt, kann diese nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden.

Der Leistungserbringer hat die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nichtsdestotrotz an das Finanzamt abzuführen (§ 14c Abs. 1 UStG).

 

IV. Steuerpflicht des Geschäftsführers einer GmbH nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) EStG [Ausübung oder Verwertung im Inland]

 

Es ist jedoch denkbar, dass der im Ausland an­sässige Geschäftsführer gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) EStG in Deutschland beschränkt steuer­pflichtig ist. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001) eingeführt.

Die Intention des Gesetzgebers war es, einen Steuertatbestand zu schaffen, der die Besteue­rung von Einkünften in Deutschland erweitert und dem Ausgleich der einschränkenden Aus­legung des Verwertungstatbestands durch die Rechtsprechung dient.

Die Steuerpflicht in Deutschland ist demnach von zwei Voraussetzungen abhängig. Zum ei­nen muss der im Ausland ansässige und tätige Geschäftsführer eine Vergütung für seine Tä­tigkeit von der Gesellschaft erhalten. Zum an­deren muss sich die Geschäftsleitung (nicht der Sitz) der Kapitalgesellschaft im Inland, also in Deutschland, befinden. Soweit das erste Tatbe­standsmerkmal keine besonderen Schwierig­keiten aufwirft, hängt der Ort der Geschäfts­leitung von den Umständen des Einzelfalls ab.

Gem. § 10 AO ist die Geschäftsleitung der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Dieser ist dort, wo der für die laufende Ge­schäftsleitung maßgebende Wille gebildet wird. Bei einer Körperschaft ist das regelmäßig dort, wo die zur Vertretung befugten Personen, die ihnen obliegende laufende Geschäftsführer­tätigkeit entfalten. Das ist der Ort, an dem sie die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt, d. h. es kommt auf die Erledi­gung der Tagesgeschäfte an. In der Regel sind dies die Büroräume des Unternehmens, wenn dort die maßgeblichen Entscheidungen getrof­fen werden. Ist dies nicht der Fall, so kommt es auf den Wohnsitz des oder der Geschäftsführers an, falls diese von dort aus entscheidend tätig werden.

1. Beispiel: GmbH mit einem Geschäftsführer

Der Wohnsitz des Geschäftsführers einer GmbH befindet sich im Ausland, von diesem Wohnsitz aus erledigt der Geschäftsführer das Tagesgeschäft der Gesellschaft. Der Ort der Geschäftsleitung liegt somit weiterhin an dem Ort der Tätigkeit, mithin im Ausland. Die Ge­schäftsleitung findet somit nicht im Inland statt.

Ergebnis:

Für den alleinigen Geschäftsführer einer deut­schen Gesellschaft im Ausland ergibt sich ent­gegen der Intention des Gesetzge­bers keine Änderung der bisherigen Rechtslage. Weiterhin befindet sich der Ort der „Ein-Mann“-Geschäftsleitung im Ausland, sodass die Bezüge (Gehalt) des Geschäftsführers nicht in Deutschland steuerpflichtig sind.

2. Beispiel: GmbH mit zwei Ge­schäftsführern

Komplizierter erscheint jedoch der Fall einer Inlandsgesellschaft, die zwei Geschäftsführer hat, von denen einer im Inland und der andere im Ausland tätig ist.

In dieser Konstellation ist der alleinige Ort der Geschäfts­führung nicht mehr auf das Ausland be­schränkt. Die Geschäftsleitung befindet sich auch im Inland. Eine mögliche Folge wäre die Steuerpflicht beider Geschäftsführer im deut­schen Inland.

Denkbar ist auf § 10 AO abzustellen, der auf den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung abstellt, um den Ort der Geschäftsleitung zu bestimmen. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung und -gerichtsbarkeit diese Fragestellung jeweils konkret bewerten und ob es einen klaren Schwerpunkt der Geschäftsleitung gibt. In dieser Hinsicht könnte das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland bestehen, sodass es maßgeblich auf die Re­gelungen des DBA ankommt.

 

V. Doppelbesteuerungsabkommen

 

Wenn der Steuerpflichtige, wie im oben ge­nannten Beispiel, in Thailand wohnt und eine Vergütung für seine Tätigkeit als Geschäftsfüh­rer einer deutschen GmbH bezieht, besteht die Gefahr der Doppelbesteuerung. Bezüglich der Vergütung ist er im Wohnsitzstaat [Thailand] unbeschränkt steuerpflichtig, wenn lokales thailändisches Recht anwendbar ist, was der Fall ist, wenn der Geschäftsführer mindestens 180 Tage im entsprechenden Steuerjahr in Thailand lebt und damit „tax resident“ wird. In Deutsch­land ist er gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) EStG beschränkt steuerpflichtig. Besteht jedoch ein Doppelbesteuerungsabkommen (nachfolgend „DBA“), so gehen, soweit aufgrund des nationalen Steuerrechts eine Doppelbesteuerung des gleichen Einkommens eintritt und das DBA anwendbar ist, die dortigen Regelungen der Anwendung des § 49 EStG vor (vgl. § 2 Abgabenordnung (nachfolgend „AO“)). § 49 EStG ist mithin nur anwendbar, wenn das entsprechende DBA der Bundesrepublik ein Besteuerungsrecht zuweist und ebenso lediglich in der Höhe, die das DBA vorsieht.

Ein DBA bestimmt also, in welchem Umfang einem Staat ein Besteuerungsrecht zusteht. Es begründet keine inländische Steuerpflicht, sondern kann nur eine bestehende Steuerpflicht einschränken. Durch Verzicht auf eine inländische Besteuerung wird folglich jeder Besteuerungstatbestand des § 49 EStG teilweise gegenstandslos, sodass deutsche Einkommensteuer nicht zu entrichten ist.

Die speziellen Regelungen der DBA könnten das Recht zur Besteuerung dem anderen Vertragsstaat (Thailand) zuweisen und somit einer Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG entgegenstehen. Der folgende Absatz beschäftigt sich mit dem deutsch-thailändischen DBA vom 10. Juli 1967 (nachfolgend „DBA D/TH“), ähnliche Regelungen sind jedoch auch in DBA mit anderen Staaten enthalten, sodass die Ergebnisse einzelfallabhängig übertragen werden können.

Eine entsprechende Regelung findet sich in Art. 14 DBA D/TH.

„(…)können Vergütungen, die eine in einem anderen Vertragsstaat [Thailand] ansässige natürliche Person [z.B. Geschäftsführer einer deutschen GmbH] für unselbstständige oder selbstständige Arbeit (…) bezieht, nur in diesem Staat [Thailand] besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat [Deutschland] ausgeübt wird.(…)“

Nach dem DBA D/TH ist lediglich auf den Ort der Arbeitsausübung abzustellen. Dieser liegt bei dem Geschäftsführer mit Wohnsitz im Ausland einer der deutschen Körperschaftssteuer unterliegenden Gesellschaft, wie oben festgestellt, nicht im Inland sondern im Ausland. Demzufolge ist das Gehalt des Geschäftsführers in Deutschland nicht steuerpflichtig.

Eine Ausnahme ergibt sich jedoch für die Zeit der Tätigkeit in Deutschland. Da für diesen Zeitraum der Ort der Ausübung der Tätigkeit Deutschland ist, liegt das Recht zur Besteue­rung für diesen Zeitraum bei Deutschland.

 

VI. Fazit

 

Wie die Darstellung gezeigt hat, besteht für ei­nen im Ausland ansässigen Geschäftsführer meist keine beschränkte Steuerpflicht in Deutschland, sofern er nicht während seines Aufenthaltes in Deutschland tatsächlich für die Gesellschaft beruflich tätig wird.

 

VII. Besteuerung eines deutschen Direktors in thailändischen Gesellschaften

 

Den weiteren Ausführungen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine in Deutschland unbeschränkt steuer ­pflichtige Person ist Mitglied des „board of di­rectors“ in einer thailändischen Limited Com­pany. Sie ist zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt, nimmt aber gleichzeitig auch Kon­trollfunktionen gegenüber anderen Personen wahr.

Aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland und der Einkünfte aus Thailand können beide Länder einen Anspruch auf Be ­steuerung der Bezüge erheben. Die Abgrenzung der Besteuerungsrechte erfolgt anhand des DBA D/TH. Bei den Bezügen des Direktors handelt es sich nach deutschem Verständnis um eine unselbstständige Tätigkeit, da auch Vertretungsbefugnis gegeben ist. Einschlägig ist somit die Regelung des Art. 14 DBA D/TH. Die Konsequenz der Anwendung von Art. 14 DBA D/TH wäre die Besteuerung in Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat. Art. 14 DBA D/TH weist Thailand nur dann das Besteuerungsrecht zu, wenn die Arbeit in Thailand ausgeübt wird. Nach der oben getroffenen Annahme wird jedoch die Leitungsfunktion von Deutschland aus wahrgenommen, sodass es beim Besteuerungsrecht Deutschlands verbleibt.

Etwas anderes würde jedoch dann gelten, wenn auf den Sachverhalt Art. 16 DBA D/TH Anwendung finden würde. Dieser erlaubt die Besteuerung der Bezüge in Thailand als dem Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat. Die Anwendung von Art. 16 DBA D/TH setzt in der deutschen Fassung voraus, es sich bei den Einkünften um „Aufsichtsrats- oder Verwaltungsrats-vergütungen“ handelt. In der englischen/thailändischen Fassung ist dagegen von „directors‘ fees“ für seine Funktion im Board of Directors die Rede.

Dieser Begriff ist im DBA D/TH nicht einheitlich de­finiert, sodass grundsätzlich jedes Land den Begriff nach seinem nationalen Recht unter Berücksichtigung des DBA-Zusammenhangs auslegen kann, Art. 3 Abs. 2 DBA D/TH.

Aus der thailändischen/englischen Perspektive dem „board of directors“ um ein Organ handeln, das zur Vertretung der Gesellschaft befugt ist.

Aus der deutschen Sicht handelt es sich bei dem Begriff des „Aufsichts- oder Verwaltungs­rats“ jedoch um ein Organ, das zur Überwa­chung der Geschäftsführung bestimmt ist. Kein Aufsichtsrat liegt aus der deutschen Sicht dann vor, wenn die Befugnisse nicht nur auf die Überwachung der Geschäftsführung be­schränkt sind. Nimmt ein Organ auch unmit­telbare Leitungs- oder Mitverwaltungsaufgaben wahr, und überschreitet somit den Aufgabenbereich eines Mitglieds des Aufsichtsrates, kann Art. 16 DBA D/TH in Deutschland keine Anwendung finden. Dieser sprachliche Unterschied führt zu der Konsequenz, dass in dem vorliegenden Beispielsfall Deutschland Art. 14 DBA D/TH [unselbstständige Tätigkeit; Besteuerung in Deutschland] und Thailand Art. 16 DBA D/TH [board of directors; Besteuerung in Thailand] anwenden würde. Die Besteuerung könnte nur durch ein langwieriges Verständigungsverfahren vermieden werden.

In der deutschen Literatur werden unter ­schiedliche Ansätze vorgeschlagen, um dieses Problem zu lösen:

Nach einer Auffassung[1] sollten Organe thailändischer Gesellschaften nach dem thailändischen Verständnis behandelt werden. Danach sei Art. 16 DBA D/TH anzuwenden, da die Limited Company eine thailändische Ge ­sellschaft ist.

Eine andere Auffassung[2] schlägt vor, den englischsprachigen Wortlaut stets anzuwenden, da dieser dem OECD-Musterabkommen ent-spreche, welches als Auslegungshilfe herangezogen werden solle.

Der Bundesfinanzhof hat sich jedoch in seiner Rechtsprechung[3] einer anderen Literaturauffassung [4] angeschlossen. Danach soll Art. 14 DBA angewendet werden. Dies ergebe sich aus dem Verhältnis zwischen Art. 14 und Art. 16 DBA. Darüber hinaus solle die deutsche Finanzver­waltung nur das eigene Verständnis zugrunde legen. Diese Auffassung hat damit zur Folge, dass Personen, die geschäftsführende Aufgaben in Thailand wahrnehmen, aus deutscher Sicht nicht mehr als Aufsichtsratsmitglied nach Art. 16 DBA angesehen werden. Vielmehr fallen sie unter Art. 14 DBA. Die thailändische Finanzverwaltung stellt jedoch – nach wie vor – darauf ab, ob jemand Mitglied des „board of directors“ ist und wendet Art. 16 DBA an. Aus den divergierenden Auffassungen kann unter Umständen eine Doppelbesteuerung resultie­ren. Zur Vermeidung von Situationen, in denen Be ­züge des Direktors doppelt – einmal in Deutschland als Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit und einmal in Thailand als Bezüge ei­nes Mitglieds des „board of directors“ – besteuert werden, ist im Vorfeld ein Beratungsgespräch unentbehrlich.

 

 

 

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