Problem bei kollidierenden AGB „battle of forms“ (39 Seiten)

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I.       Hintergrund

 

Ein grundlegendes unternehmerisches Interesse besteht darin, Verträge so abzuschließen, dass die Vertragsdurchführung den eigenen wirtschaftlichen Bedürfnissen gerecht wird. Eine gute Möglichkeit, um dies für eine Vielzahl von Verträgen im kaufmännischen Geschäftsverkehr zu erreichen, ist das Erstellen und die Vertragseinbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Treffen zwei Unternehmen aufeinander und beabsichtigen einen Vertragsschluss, kann dies jedoch zu dem Problem führen, dass jedes der Unternehmen die eigenen AGB in den Vertrag einführen möchte bzw. auf die Einführung seiner eigenen AGB besteht.

Es bestehen unterschiedliche Ansichten dazu, wie dieses Problem der kollidierenden AGB zu lösen ist. Deutsche Gerichte vertreten im innerstaatlichen Recht, wie auch im Anwendungsbereich des CISG, die sogenannte „knock-out rule“, während viele andere Staaten, wie die USA, die sogenannte „last-shot rule“ vertreten, wodurch diese Theorie zur vorherrschenden Theorie im Internationalen Raum, also dem Anwendungsbereich des CISG, geworden ist.[1]

II.    Deutsches Recht

1)      Alte Rechtsprechung

Die frühere Rechtsprechung vertrat die „Theorie des letzten Wortes“ bzw. die „last-shot rule”.[2] Hiernach soll rein äußerlich darauf abgestellt werden, wer als Letzter seine AGB übersandt hat. Macht eine Partei ein Angebot unter Hinweis auf ihre AGB und nimmt die andere Partei dieses Angebot mit Verweis auf wiederum ihre eigenen AGB an, soll diese Annahme im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB ein neues Angebot darstellen. Wenn der ursprünglich Anbietende dann den Vertrag widerspruchslos abwickelt, sei darin die Zustimmung zum modifizierten Angebot zu sehen.

Die Nachteile dieser Theorie liegen auf der Hand. Zum Einen liegt der Vertragsschluss bis zur Erfüllung in der Schwebe[3], zum Anderen führt das unliebsame Hin und Her zu eher zufälligen Ergebnissen.

2)      Neue Rechtsprechung

Anfang der 1970er Jahre erkannte der BGH die Probleme der „Theorie des letzten Wortes“.[4] Seitdem vertritt die neuere Rechtsprechung die „knock-out rule“-Theorie.[5] Dieser Theorie nach wird der Vertragsschluss grundsätzlich bejaht, die sich widersprechenden AGB werden jedoch nicht Vertragsbestandteil. Das entstandene Regelungsvakuum wird dann durch die gesetzlichen Vorschriften ausgefüllt. Fehlt es an gesetzlichen Vorschriften, muss der Parteiwille im Zuge einer ergänzenden Vertragsauslegung erfolgen.

Dem liegt zugrunde, dass sich die Parteien über die essentialia negotii geeinigt haben, der Vertrag durchführbar ist, und der Dissens nur im Hinblick auf die Geltung einzelner Regelungen der AGB besteht. Dies entspricht dem Rechtsgedanken aus § 306 Abs. 1 BGB. Denn demnach kommt der Vertrag auch wirksam zustande, wenn der Versuch einer einseitigen Einführung der AGB mangels Beachtung der Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB insgesamt gescheitert wäre.

III.    UN-Kaufrecht (CISG)

Fast alle grenzüberschreitenden Verträge sind nach CISG zu beurteilen, es sei denn, CISG ist ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Umsetzung des UN-Kaufrechts als völkerrechtlicher Vertrag[6] in innerstaatliches deutsches Recht erfolgte gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG mit Zustimmungsgesetz vom 21. Dezember 2008.[7]  Das CISG regelt die Einbeziehung von AGB nach den allgemeinen Regelungen der Art. 14 bis 24 CISG.

Für die Einbeziehung von AGB im Geltungsbereich des CISG gelten strengere Anforderungen als im deutschen Recht. Während es im deutschen Recht für die Einbeziehung von AGB in Verträgen zwischen Unternehmern ausreicht, dass eine Partei auf ihre AGB hinweist und die andere Partei in zumutbarerer Weise Kenntnis von dem Inhalt der AGB nehmen kann,[8] genügt dies den Anforderungen des CISG nicht. Die Einbeziehung von AGB im UN-Kaufrecht richtet sich nach den allgemeinen Regeln der Art. 14 bis 24 CISG.

Im Geltungsbereich des CISG setzt die Einbeziehung von AGB demnach voraus, dass die andere Vertragspartei tatsächliche Kenntnis vom Inhalt der AGB genommen hat. Denn die Parteien müssen sich über den Inhalt der AGB geeinigt haben, was grundsätzlich voraussetzt, dass die AGB bereits Bestandteil des Angebots waren.[9] Sofern die AGB erst nach Vertragsschluss Vertragsbestandteil werden sollen, kann dies im Rahmen einer Vertragsänderung erfolgen. Insofern können sich die Parteien auch zu einem späteren Zeitpunkt auf die Geltung von AGB einigen und diese in den Vertrag einbeziehen. Die in dem Vertrag vereinbarten Voraussetzungen für eine Vertragsänderung sind dabei zu beachten.

Für die wirksame Einbeziehung von AGB im Geltungsbereich des CISG ist es notwendig, dass der anderen Vertragspartei die AGB in der Verhandlungssprache übermittelt und auf die Geltung der übermittelten AGB hingewiesen wurde. Widerspricht der Vertragspartner der Geltung, sind die AGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen. Übermittelt die andere Vertragspartei ihre eigenen AGB und weist auf deren Geltung hin, kollidieren die AGB, sofern sich die jeweils eingebrachten AGB inhaltlich widersprechen.

Allgemeine Geschäftsbedingungen gehen den Regelungen des CISG vor. Das UN-Kaufrecht enthält jedoch keine besonderen Regelungen für das Problem kollidierender AGB (sog. „battle of forms“). Grundsätzlich ist auf nationales Recht zurückzugreifen, soweit das CISG keine eigenen Regelungen enthält. Welches Recht dann Anwendung findet, bestimmt das Internationale Privatrecht.[10] Der achte Zivilsenat des BGH entschied 2002 jedoch, dass die Sachfrage der kollidierenden AGB in den Regelungsbereich des UN-Kaufrechts fällt und das Problem nach Maßgabe des Art. 19 CISG gelöst werden muss.[11] 

Auch im Regelungsbereich des CISG stehen sich die „knock-out rule“ und die „last-shot rule“ als dominante Lösungsalternativen gegenüber.[12] Obwohl auch hier die „knock-out rule“ vorzugswürdig ist, da sie vor allem die vorgenannten, durch die „last-shot rule“ entstehenden willkürlichen Ergebnisse verhindert, hat sich diese jedoch noch nicht einheitlich in der internationalen Rechtsprechung durchgesetzt.

Während die deutsche Rechtsprechung die „knock-out rule“ für dogmatisch begründet sieht,[13] geht die US-amerikanische Rechtsprechung, ohne Bezugnahme auf die deutsche Rechtsprechung, eindeutig davon aus, dass im Anwendungsbereich des CISG die „last-shot rule“ gilt.[14] Auch England sowie die arabischen Länder und die Länder des Nahen Ostens folgen dieser Theorie.[15]

Internationale Rechtsinstrumente, die gezielt Lösungen der Problematik des „battle of forms“ in Aussicht stellen, sind nicht ersichtlich.

Es hängt insofern im Ergebnis davon ab, in welchem Land Klage erhoben wird, bzw.  welchem Recht der Vertrag unterliegt, um zu beurteilen, was bei widersprechenden AGB letztlich gilt.

IV.   Fazit


Es kann eine Abwehrklausel in den Vertrag aufgenommen werden mit dem Inhalt, dass nur die eigenen AGB gelten sollen. Fehlt es bei der Gegenseite an einer Abwehrklausel und kommt es folgend zum Vertragsschluss, gelten nur die eigenen AGB. Sofern jedoch auch die Gegenseite eine Abwehrklausel zu Gunsten der eigenen AGB in den Vertrag einführt, kollidieren die AGB abermals im Sinne der vorgenannten Problematik.

Um dies zu vermeiden, wird empfohlen, im Vorfeld des Vertragsschlusses die AGB der Gegenseite mit den eigenen AGB zu vergleichen und einen möglichen Dissens aufzudecken. Der Inhalt der kollidierenden AGB kann dann zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemacht werden und zu einem für beide Seiten akzeptablen Konsens führen. Somit wird der Auslegung des Parteiwillens durch die Gerichte zuvorgekommen und letztlich den Vertragsparteien ein hinreichender Gestaltungspielraum eröffnet.

Möchte man im internationalen Geschäftsverkehr die Anwendung der „last-shot rule“ vermeiden, kann dies auf unterschiedlichem Wege geschehen:

  1. Ausschluss der Anwendbarkeit des CISG und Vereinbarung von geltendem Recht und Gerichtsstand in einem Land, das der „last-shot rule“ nicht folgt.
  1. Einbeziehung des CISG und Vereinbarung von Gerichtsstand in einem Land, das bei der Anwendung des UN-Kaufrechts der „last-shot rule“ nicht folgt.
  1. In jedem Fall ist es sehr zu empfehlen, dass die eigenen AGB von einem Vertretungsberechtigten der Vertragsparteien unterschrieben werden und der Firmenstempel auf dem AGB-Dokument aufgebracht ist, um sicher zu gehen, dass die AGB überhaupt gelten.

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