Newsletter Nr. 76 (DE)

Das Hongkonger Sozialversicherungssystem (5 Seiten)

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I. Einleitung

 

Im Unterschied zu europäischen Standards ist das Hongkonger Sozialversicherungsrecht wesentlich arbeitgeberfreundlicher gestaltet und bietet Arbeitnehmern weit weniger Absicherung als in Deutschland. Dennoch ist es unerlässlich über die bestehenden Pflichten Bescheid zu wissen, wenn man als Arbeitgeber in Hongkong tätig ist.

 

II. Sozialversicherung in Hongkong

 

Das System der Hongkonger Sozialversicherung ist nicht mit den Systemen Deutschlands, Österreichs oder der Schweiz zu vergleichen.

Dies wird unter anderem an der Ausgestaltung des Hongkonger Arbeitsrechts deutlich, welches vornehmlich die Interessen des Arbeitgebers berücksichtigt. Danach muss der Arbeitgeber seine Mitarbeiter lediglich in vier Bereichen absichern. So muss zum einen eine Art „Rentenpensionsfond“ (Mandatory Provident Fund (MPF)) und zum anderen eine Unfallversicherung für arbeitsbezogene Unfälle abgeschlossen werden, hinzu kommt die Gewährung eines Erziehungsurlaubs und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Darüber hinausgehende Versicherungspflichten bestehen in Hongkong generell nicht. Daher ist die Gewährung (oder die Unterstützung zu) einer Krankenhausversicherung oder einer privaten Unfallversicherung jeweils von der Entscheidung des Arbeitgebers abhängig. Diese Entscheidung

richtet sich sowohl nach der internen Firmenpolitik, als auch nach den langfristigen Bestrebungen des Arbeitgebers, seine Belegschaft zu (er)halten.

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1 Geregelt in der Employees Compensation Ordinance, Chapter 282.
2 Geregelt in der Employment Ordinance, Cap. 57
3 Ausnahmen können sich durch besondere Beschäftigungsverhältnisse ergeben.
4 Mandatory Provident Fund Schemes Ordinance, Chapter 485.

 

III. Mandatory Provident Fund (MPF)

 

Obwohl in Hongkong bereits seit langem bekannt ist, dass die Bevölkerung rapide altert, wurde erst 1995 das Gesetz für den Mandatory Provident Fund (MPF Ordinance) erlassen.

Derzeit beträgt der Bevölkerungsanteil der über 65-jährigen 13%. Laut Schätzun­gen der Regierung von Hongkong wird dieser Anteil bis 2033 auf 27% ansteigen. Mit Erlass der MPF Ordinance wurde in Hongkong erstmals ein formelles System für die Rentenabsicherung geregelt.

Bis zur Einführung des MPF Systems im Dezember 2000 waren lediglich etwa 30% aller 3,4 Millionen Hongkonger Arbeitskräfte in einem Rentensystem integriert. Heute sind ca. 85% der arbeitenden Bevölkerung in irgendeiner Form in eine Rentenabsicherung eingebunden.

Gemäß Section 7 der MPF Ordinance muss der Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass der Arbeitnehmer bei einem der vielfältig angebotenen Rentenfonds Mitglied wird. Versicherungspflichtig sind grundsätzlich alle Arbeitnehmer zwischen 18 und 65 Jahren, die einen unbefristeten Arbeitsvertrag haben.

Ausgenommen sind unter anderem Ausländer, die weniger als 13 Monate in Hongkong arbeiten, wenn sie in ihrem Heimatland Mitglied in einem Rentensystem oder Angestellte der Europäischen Union sind.

Die monatlichen Mindestbeiträge betragen sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer 5% des Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers. Der Maximalbetrag liegt für beide Parteien bei 1.500 HKD (ca. 170 EUR) pro Monat. Sofern der Arbeitnehmer weniger als 7.100 HKD (ca. 800 EUR) verdient, ist dieser von der Beitragszahlung ausgenommen, der Arbeitgeber muss aber dennoch Beiträge zahlen. Die Obergrenze für die Beitragsbemessung liegt bei 30.000 HKD (ca. 3.400 EUR), sodass bei einem monatlichen Einkommen von über 30.000 HKD vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber je maximal 1.500 HKD (ca. 170 EUR) pro Monat in den MPF Fonds einzuzahlen sind. Der gesamte Beitrag ist vom Arbeitgeber abzuführen.

In der folgenden Übersicht werden die Unterteilung der Pflichtbeitragsgrenzen und die jeweilige Höhe der Pflichtbeiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer dargestellt:

 

 

 

 

Neben dem monatlichen Pflichtbeitrag von 5% des Arbeitnehmereinkommens kann der Arbeitgeber darüber hinaus freiwillig höhere Beiträge für seine Angestellten leisten. Auch Arbeitnehmern ist es freigestellt, ob sie freiwillige Zusatzleistungen erbringen wollen um eine höhere Ausschüttung beim Renteneintritt zu erhalten. Für den Arbeitgeber sind die zusätzlichen Zahlungen als Betriebsausgaben abzugsfähig, der Arbeitnehmer kann zusätzliche Zahlungen allerdings nicht steuerlich geltend machen.

Für den Arbeitgeber bedeutet die Gewährung freiwilliger Mehrleistungen, dass er diese Zahlungen im Falle einer Vertragsbeendigung mit dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Gratifikationen für langjährige Betriebstreue (long-service payment) oder Abfindungszahlung (severance payment) verrechnen kann, welches zu einer erheblichen Minderung der Abfindung führen kann.

Steuerlich sind die MPF Beitragszahlungen für den Arbeitgeber bis zu einer Beitragshöhe von 15% des jährlichen Arbeitnehmergesamteinkommens als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Auch Arbeitnehmer können ihre Beitragsleistungen ab dem Veranlagungsjahr 2017-18 bis zu einer maximalen Höhe von 18.000 HKD (ca. 2.100 EUR) steuerlich geltend machen. Darüber hinaus gezahlte freiwillige Beiträge des Arbeitsnehmers können steuerlich nicht geltend gemacht werden.

 

IV. Unfallversicherung (Em­ployees Compensation)

 

Neben dem MPF System besteht als weitere Pflichtversicherung die Employees Compensation Insurance (ECI). Diese ist in der Employees Compensation Ordinance, Chapter 282 geregelt.

Danach ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, seine Arbeitnehmer gegen Schäden und Verletzungen, die aus einem arbeitsbezogenen Unfall oder aus einem Unfall während der Arbeitszeit resultieren, zu versichern.

Für die Zahlung von Entschädigungsleistungen werden Unfälle erfasst, die sowohl Verletzungen, als auch den Tod des Arbeitnehmers nach sich gezogen haben. Auch die medizinischen und gerichtlichen Kosten werden entsprechend den Regelungen getragen.
Oftmals wird die ECI von einer Büroversicherung mit umfasst. Die Kosten beginnen ab ca. 500 HKD (ca. 50 EUR) pro Jahr, je nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und der Höhe der Büroversi­cherung pro Arbeitnehmer.

 

V. Elternzeit

 

Im Dezember 2020 trat eine Änderungsverordnung in Kraft, mit der die gesetzliche Elternzeit in Hongkong von 10 auf 14 Wochen verlängert und die Obergrenze für das Elterngeld auf 80.000 HKD erhöht wurde. Nach der Änderung wurden mehrere Verbesserungen bei den Elternleistungen vorgenommen, und zwar wie folgt:

Arbeitgeber sollten berechtigten Arbeitnehmerinnen 14 Wochen gesetzliche Elternzeit zu vier Fünfteln des durchschnittlichen Tageslohns gewähren, wobei eine Obergrenze von 80.000 HKD pro Arbeitnehmer gilt.

Die Arbeitgeber bekommen die zusätzlichen Kosten zu 100 % von der Regierung erstattet, statt wie bisher zu 80 %.

Der Definitionszeitraum für eine „Fehlgeburt“, der auf 28 Wochen festgelegt war, wurde auf 24 Wochen verkürzt. Dies bedeutet, dass die Arbeitnehmerin im Falle einer Fehlgeburt nach 24 Wochen weiterhin Anspruch auf Mutterschaftsurlaub hat.

Eine weitere Änderung sieht vor, dass eine anspruchsberechtigte Arbeitnehmerin Anspruch auf Krankengeld für jeden Tag hat, an dem sie an einer ärztlichen Untersuchung im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft teilgenommen hat, sofern eine von Fachleuten ausgestellte Teilnahmebescheinigung als Nachweis vorgelegt werden kann.

Ein Arbeitgeber, der es versäumt, einem anspruchsberechtigten Arbeitnehmer Elternzeit und Elterngeld zu gewähren, wird strafrechtlich verfolgt und bei Verurteilung mit einer Geldstrafe von 50.000 HKD.
Ein männlicher Arbeitnehmer hat bei jeder Entbindung seiner Ehefrau/Partnerin Anspruch auf Vaterschaftsurlaub, wenn er die folgenden Voraussetzungen erfüllt:

(a) er ist der Vater eines neugeborenen Kindes oder ein werdender Vater;

(b) er war im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrags (Continuous Contract) beschäftigt (d. h. er war mindestens vier Wochen lang ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber beschäftigt und hat mindestens 18 Stunden pro Woche gearbeitet); und

(c) er hat seinen Arbeitgeber gemäß den gesetzlichen Bestimmungen benachrichtigt.

Die Employment (Amendment) (No.3) Ordinance 2018 Statutory Paternity Leave, eine Verordnung zur Beschäftigung, trat am 18. Januar 2019 in Kraft. Männliche Arbeitnehmer mit einem Kind, das am oder nach dem Datum des Inkrafttretens geboren wurde, haben nunmehr Anspruch auf 5 Tage Vaterschaftsurlaub für die Niederkunft ihrer Ehefrau/Partnerin.

 

VI. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

 

Ab 4 Krankheitstagen werden bei Bestehen eines unbefristeten Arbeitsvertrags (Continuous Contract) vier Fünftel des durchschnittlichen Tageslohns der vorhergehenden 12 Monate gezahlt; Krankheitsfehltage müssen über die Beschäftigungszeit angesammelt werden.

 

VII. Weitere Versicherungen und etwaige Kosten

 

Neben dem MPF, der ECI sowie der Elternzeit und der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bestehen für den Arbeitgeber keine weiteren Versicherungspflichten gegenüber seinen Arbeitnehmern. Jedwede weitere Leistung ist freiwillig und entsprechend der Firmenpolitik auszugestalten. Es kann in Hongkong nicht von einer „Regelversorgung für Arbeitnehmer“ für derartige Versicherungsleistungen gesprochen werden.

Als zusätzliche Versicherungen könnten zum Beispiel eine private Unfallversicherung, eine Krankenversicherung, eine Reiseversicherung oder ggf. auch eine Versicherung für Krankenhausaufenthalte in Betracht kommen.

Die Kosten für diese Versicherungen sind sehr unterschiedlich und orientieren sich wie in Deutschland/Österreich/Schweiz am Alter sowie am Geschlecht des Versicherungsnehmers.

Erwähnenswert sind noch die Punkte Urlaubsanspruch und Mindestlohn.

Der gesetzliche Mindestlohn beträgt 37,50 HKD (umgerechnet circa 4,24 EUR) pro Stunde. Er wurde zuletzt zum 1. Mai 2019 erhöht.

Ein Angestellter hat Anspruch auf 7 Tage bezahlten Jahresurlaub nach jeder Dienstzeit von 12 Monaten im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrags (Continuous Contract).

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erhöht sich entsprechend der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit schrittweise bis zu einem Maximum von 14 Tagen.

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5 Ein Arbeitnehmer, der vier Wochen oder länger ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war und mindestens 18 Stunden pro Woche gearbeitet
hat, gilt als ununterbrochen beschäftigt und verfügt somit über einen „Continuous Contract“. 6 Minimum Wage Ordinance Cap. 608

 

 

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