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In diesem Newsletter untersuchen wir, unter welchen Voraussetzungen ein zollfreier Handel innerhalb der Association of Southeast Asian Nations („ASEAN“) sowie zwischen einem ASEAN-Staat und einem Drittstaat möglich ist.
1. Einführung
Die ASEAN hat 10 Mitgliedsstaaten (Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand, Brunei, Myanmar, Kambodscha, Laos und Vietnam). Jeder dieser Staaten ist multilateral und bilateral mit verschiedenen anderen Staaten verbunden.
Bereits 1992 hatte die ASEAN die Etablierung einer ASEAN-Freihandelszone, der AFTA (Asean Free Trade Area), beschlossen. Für die Gründungsmitglieder, die „ASEAN-6“ (Brunei, Indonesien, Singapur, Thailand, Malaysia, Philippinen), sind die AFTA-Bestimmungen seit Januar 2010 in Kraft.
Seit 2015 sind Vietnam, Laos, Kambodscha und Myanmar (nach Ablauf einer Übergangsphase) ebenfalls vollwertige ASEAN-Mitglieder.
Auf Grundlage der AFTA beschlossen die Mitgliedsstaaten am 22. November 2015 die Gründung der Wirtschaftsgemeinschaft Asean Economic Community (AEC). Dies ebnete den Weg für einen gemeinsamen Binnenmarkt und Produktionsstandort für Güter, Dienstleistungen, Kapital und Arbeit. Die Mitgliedsstaaten bleiben jedoch weiterhin ein lockeres Bündnis aus souveränen Staaten. Sie haben keine länderübergreifenden Behörden nach dem Muster der Europäischen Union und keine in allen Mitgliedsländern geltenden Gesetze.
Der Anteil der ASEAN am Welthandel wird häufig unterschätzt. ASEAN liegt mit einem Anteil von knapp 7.5% (Stand 2019) am Welthandel nur leicht hinter dem Chinas, der rund 10% des Welthandels bestreitet – und vor Indien mit einem Anteil von knapp 2%. Insgesamt bietet die ASEAN-Region einen Wirtschaftsraum mit mehr als 660 Millionen Menschen und einem Bruttoinlandsprodukt von 3,08 Billionen US-Dollar (Stand 2020), wobei der BIP insbesondere in den letzten Jahren stark gestiegen ist.
Die ursprünglichen sechs ASEAN-Länder, namentlich Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur und Thailand, konnten
bereits bei mehr als 99% der gehandelten Produkte der CEPT Inclusion List (IL) of ASEAN-6 die Zölle auf ein Niveau von 0-5% senken. Die neueren Mitgliedstaaten, Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam, sind in Bezug auf das Senken der Zölle mittlerweile auf demselben Niveau.
Zolltarife beziehen sich auf verschiedene HS-Nummern. Dies entspricht einem harmonisierten System von mehreren tausend Gütern, die alle eindeutig mit einer HS-Nummer bezeichnet sind, wobei allerdings zwischen verschiedenen Staaten teilweise verschiedene Auffassungen bestehen. Zolltarife werden (vom Grundsatz her) im Laufe der Jahre geringer (es sei denn, es gibt kurzfristige Anti-Dumping Maßnahmen, was bedeutet, dass die Zollsätze bei einigen Warengruppen zeitweise erhöht werden (z.B. bei Stahl, Reis, Schuhen, etc.) oder dass durch fallbezogene Quoten die Einfuhr erschwert oder verhindert wird).
Beim Export von einem Land in ein anderes kommt als Zoll-Berechnungsgrundlage grundsätzlich in Betracht der Zollsatz
- der ASEAN Mitgliedsstaaten untereinander,
- eines Free Trade Agreements („FTA“), das die ASEAN-Staaten mit einem oder mehreren Drittländern abgeschlossen haben (z.B. RCEP),
- eines FTA, das ein einzelner ASEAN Staat mit einem Drittland abgeschlossen hat (z.B. Thailand mit Australien),
- der Regularien der World Trade Organisation („WTO“) und
- der Länder, die in keine dieser Kategorien fallen.
2. Bilaterale und Multilaterale Abkommen
a) ASEAN Mitgliedsstaaten untereinander
Der Zusammenschluss der ASEAN-Staaten fand am 8. August 1967 in Bangkok zwischen den ersten sechs Mitgliedsstaaten statt. Im Zeitalter des Kalten Krieges – als die Eskalation des Vietnam-Krieges seinem Höhepunkt entgegensteuerte – einigten sich die Staaten Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur und Thailand auf eine enge Zusammenarbeit mit der Zielsetzung wirtschaftlichen und sozialen Wachstums.
b) ASEAN Plus
Es wurde erkannt, dass dieses Ziel nicht ausschließlich durch die Zusammenarbeit der genannten ASEAN Länder untereinander erreicht werden können. Daher wurden seither eine Vielzahl weiterer bilaterale Verträge von ASEAN mit anderen Nationen angestrebt und abgeschlossen.
aa) RCEP („Regional Comprehensive Economic Partnership“)
Am 25. November 2020 wurde zwischen den 10 ASEAN-Mitgliedsstaaten und weiteren Staaten in der Region Asien-Pazifik (China, Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland) die „Regional Comprehensive Economic Partnership“ (kurz RCEP) unterzeichnet. Hierbei handelt es sich um das derzeit größte Freihandelsabkommen der Welt. Bis Ende 2022 soll das Abkommen ratifiziert sein und in Kraft treten.
Ursprünglich war die Einführung des RCEP bereits für 2017 geplant, wobei zunächst Indien zu den vorgesehenen Mitgliedern zählte. Indien verließ jedoch 2019 die Verhandlungen aufgrund von Bedenken gegenüber dem beabsichtigten Zollabbau. Insbesondere äußerte es die Befürchtung, einer Flut von Industrieprodukten zu Dumpingpreisen aus China und bzw. von Agrarprodukten aus Australien und Neuseeland zum Nachteil der heimischen Wirtschaft ausgesetzt zu sein. Daher kam das Freihandelsabkommen schließlich ohne Indien zustande.
Das RCEP umfasst nunmehr Staaten mit insgesamt rund 2.2 Milliarden Einwohnern und betrifft etwa 40 % des weltweiten Handels (die EU ist hingegen mit 33 % am Welthandel beteiligt), sodass diesem Freihandelsabkommen eine enorme wirtschaftliche und politische Bedeutung zukommt.
bb) China
Bereits vorher war die Zusammenarbeit von ASEAN mit China in bestimmten Teilen des Wirtschaftslebens vereinbart worden und trat im Juli 2005 in Form des ASEAN China Free Trade Agreement (ACFTA) in Kraft.
Die zunehmende regionale Arbeitsteilung in Asien und die immer engeren Handelsbeziehungen zwischen vor- und nachgelagerten Lieferanten mit Produzenten auf dem chinesischen Festland und verschiedenen Produktionsstandorten in Asien führten zu einer raschen Ausweitung des innerasiatischen Handels. Vor diesem Hintergrund ist der Handel zwischen China und den ASEAN-Staaten in den letzten Jahren stetig gewachsen und hat 2020 die EU als größten Handelspartner Chinas abgelöst. Nach Angaben der chinesischen Zollbehörde stiegen die Ein- und Ausfuhren zwischen China und ASEAN von Januar bis September 2020 gegenüber dem Vorjahr um 5 % auf fast 500 Milliarden US-Dollar.
Um die Partnerschaft zwischen ASEAN und China in Bezug auf Frieden, Wohlstand und wirtschaftliche Zusammenarbeit zu vertiefen, wurden seit 2010 mehrere Aktionspläne auf den Weg gebracht (zunächst für den Zeitraum 2011-2015 und anschließend für den Zeitraum 2016-2020).
Der erste Plan betraf insbesondere die elf Bereiche Landwirtschaft, Informations- und Kommunikationstechnologien, die Entwicklung des Humankapitals, die Entwicklung des Mekong-Beckens, Investitionen, Energie, Transport, Kultur, öffentliche Gesundheit, Tourismus und Umwelt.
In dem zweiten Aktionsplan wurde zudem das Ziel der Kriminalitätsbekämpfung verstärkt.
Aktuell wurde für die Jahre 2021-2025 ein weiterer Aktionsplan vereinbart, der den vorherigen Plan ablöst. Dieser baut auf den bisherigen Erfolgen der gemeinsamen Zusammenarbeit auf und soll diese weiter vertiefen. Dabei soll der Plan zur Förderung von Frieden, Stabilität, Wohlstand und Nachhaltigkeit in der Region beitragen.
Um die Kommunikation und Koordination in der ASEAN-China-Partnerschaft voranzutreiben, entsandte China erstmals im September 2012 einen dauerhaften Repräsentanten an die ASEAN.
cc) Japan
Anlässlich eines ASEAN-Japan-Gipfeltreffens im November 2011 beschlossen die Vorsitzenden beider Seiten die Joint Declaration zur Förderung der strategischen ASEAN-Japan-Partnerschaft für gemeinschaftliches Wachstum und verabschiedeten einen ASEAN-Japan-Aktionsplan für den Zeitraum von 2011-2015. Insgesamt behält Japan seinen Status als zweitgrößter Handelspartner der ASEAN-Zone nach China. Zeitgleich ist Japan zur zweitgrößten Quelle von Direktinvestitionen (FDI) in der ASEAN-Region geworden.
Die Kommunikation zwischen ASEAN und Japan wird über integrierte Mechanismen wie Gipfel-, Experten- und Ministertreffen sowie regionale Foren und Unterorganisationen gesteuert. 2004 trat Japan dem Freundschafts- und Kooperationsvertrag (TAC) bei. Letztlich engagiert sich Japan auch im Bereich maritimer Sicherheit, was 2007 zur Einrichtung des ASEAN Maritime Forums (AMF) führte.
Zudem wurde 2020 ein weiterer Aktionsplan mit Japan verabschiedet. Der Aktionsplan zielt darauf ab, die Zusammenarbeit bei der Abschwächung der durch die COVID-19-Pandemie verursachten wirtschaftlichen Herausforderungen zu verbessern und die langfristige wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit der ASEAN und Japans nach der Pandemie zu gewährleisten.
dd) Südkorea
Das Verhältnis ASEAN-Südkorea erfuhr einen Höhenflug mit der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrags im Jahr 2004 und der Umsetzung eines Aktionsplanes in 2005. Im Jahre 2010 vertieften ASEAN und Südkorea die Partnerschaft, indem sie ihre Zusammenarbeit, welche bisher von Dialog und Kooperation geprägt war, zu einer strategischen Partnerschaft ausbauten.
Begleitet wurde das Vorhaben wiederum von einer Joint Declaration verbunden mit einem Aktionsplan bezogen auf die Jahre 2011-2015. Im Zuge dessen und im Hinblick auf die Förderung der engen Zusammenarbeit und des gegenseitigen Verständnisses ernannte und entsandte Südkorea erstmals im September 2012 einen ständigen Repräsen-tanten, welcher die Kooperation mit ASEAN koordiniert.
Ein weiterer Aktionsplan zur Umsetzung und zum Ausbau der Joint Declaration wurde zwischenzeitlich für die Jahre 2021-2025 vereinbart.
Die ASEAN-Südkorea-Kooperation hat in den Bereichen Politik und Sicherheit durch Dialog und Austausch sowohl auf regionaler als auch auf internationaler Ebene – im Rahmen von durch die Kooperations- bzw. Partnerschaftsvereinbarungen festgelegten Mechanismen, insbesondere durch Gipfeltreffen, Ministermeetings und den ASEAN Plus Three (APT)-Prozess – eine Stärkung erfahren.
ee) Indien
Mit der Unterzeichnung des Freihandelsrahmenvertrages zwischen den ASEAN-Staaten und Indien trat zum 1. Januar 2010 die Freihandelszone ASEAN–India Free Trade Area (AIFTA) in Kraft. Hierdurch wurde eine der größten Freihandelszonen der Welt mit einem Markt von 1,8 Billionen Menschen und einem Bruttoinlandsprodukt von 2,8 Billionen US Dollar geschaffen. Von dem Freihandelsabkommen ausgenommen wurden zum Beispiel Produkte aus den Bereichen Agrarproduktion, Kfz-Teile, Textilien, Plastik und Chemikalien. Parallel hierzu schlossen die ASEAN-Staaten und Indien 2009 eine Schiedsgerichtsvereinbarung.
ff) Australien und Neuseeland
Seit 2009 besteht ein Abkommen mit Australien und Neuseeland („AANZFTA“). Die Besonderheit bei AANZFTA ist, dass das Abkommen – entgegen der Absprache innerhalb der ASEAN – am 1. Januar 2010 nur für die Länder Australien, Neuseeland, Brunei, Myanmar, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam in Kraft getreten ist. Dies lag daran, dass man sich mit den anderen Mitgliedsstaaten nicht auf einverständliche Grundlagen einigen konnte, wobei im Falle Thailands ohnehin bereits ein FTA in Kraft war. Das Abkommen AANZFTA trat am 1 Januar 2011 für Laos, am 4. Januar 2011 für Kambodscha und am 10. Januar 2012 für Indonesien in Kraft.
gg) EU und Deutschland
Zurzeit werden weitere Verhandlungen von der ASEAN mit Ländern wie Kanada, der Ukraine, Pakistan und der Europäischen Union geführt. Deutschland hat aufgrund der Zugehörigkeit zur Europäischen Union keinerlei Möglichkeit, einen bilateralen Vertrag mit ASEAN zu schließen. Diese Aufgabe erfüllt die Europäische Union gemäß dem Unionsvertrag nun im Ganzen mit Bindungswirkung für alle Mitgliedstaaten. Im Mai 2010 beschlossen die ASEAN-Staaten und die EU als Weiterentwicklung zum Partnerschaftsvertrag von 2007 den Aktionsplan „BANDAR SERI BEGAWAN PLAN OF ACTION TO STRENGTHEN THE ASEAN-EU ENHANCED PARTNERSHIP“ für dem Zeitraum 2013-2017 zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen ASEAN und der EU.
Anschließend wurde dieser durch einen neuen Aktionsplan für die Jahre 2018-2022 ersetzt, wobei die Zielrichtung (Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit) dieselbe war.
Ein aktueller Aktionsplan steht seit 2022 noch aus.
Nach Absprache zwischen ASEAN und der EU sollen alle zwei Jahre Ministertreffen stattfinden. Die Zusammenarbeit erstreckt sich neben der wirtschaftlichen Kooperation auf unterschiedliche Gebiete wie beispielsweise den Kampf gegen Terrorismus und Piraterie. Im Mai 2011 setzten die Wirtschaftsminister das ASEAN-EU-Handels- und Investitionsprogramm um. Dieses umfasst unter anderem eine vertiefte Zusammenarbeit in den Bereichen Urheberrecht, Reduzierung technischer Handelsbarrieren sowie die Entwicklung von Handelsbräuchen im Durchgangshandel.
Auch für Deutschland ist ein Engagement in der ASEAN-Zone interessant, da die deutsche Wirtschaft gerade mit grünen Zukunftstechnologien in der ASEAN-Region punkten kann. Denn angesichts der Wirtschaftsdynamik besteht ein enormer Bedarf an umweltfreundlichen, energieeffizienten Lösungen für ein nachhaltiges Wachstum. Allerdings trifft die deutsche Wirtschaft auch auf zunehmend stärkeren Wettbewerb in Asien. Künftig wird es daher mehr denn je darauf ankommen, Kooperationen und Partnerschaften, insbesondere bei Technologie, Innovationen sowie Forschung und Entwicklung, zu etablieren.
hh) Schweiz
Fast 22 % aller Exporte der Schweiz gehen nach Asien. Interessant für die Schweiz ist vor allem das Wachstum der Mittelschicht und der damit einhergehende Wachstum des Konsums der Mittelklasse, da Schweizer Unternehmen mit qualitativ hochstehenden Produkten eher im Hochpreissegment aktiv sind. Neben Vietnam und Singapur gehört Thailand zu den engsten Handelspartnern der Schweiz in Asien. Bisher besteht allerdings lediglich zwischen der Schweiz und Singapur ein Freihandelsabkommen.
Verhandlungen zwischen der European Free Trade Association („EFTA“), deren wichtigstes Mitglied die Schweiz ist, und Thailand sind, nachdem diese 2006 ins Stocken gerieten, wieder aufgenommen worden.
Nachdem im Dezember 2008 die ASEAN-Charta in Kraft getreten ist, welche den Rahmen für eine engere wirtschaftliche Integration bildet und die Akkreditierung von Botschaftern aus Nichtmitgliedstaaten ermöglicht, entsandte die Schweiz 2009 einen Botschafter zur ASEAN-Staatengemeinschaft.
ASEAN und die Schweiz bekräftigten zuletzt auf einem Treffen des gemeinsamen sektoralen Kooperationsausschusses ASEAN -Schweiz im Jahr 2021 ihre Verpflichtung zur weiteren Stärkung ihrer Zusammenarbeit.
c) Free Trade Agreement eines Mitgliedsstaates mit Drittstaaten
Ferner ist es möglich, dass jeder ASEAN-Mitgliedsstaat selbst und unabhängig von ASEAN ein Freihandelsabkommen mit einem Drittstaat schließt. Thailand beispielsweise hat im Jahr 2003 ein FTA mit Australien geschlossen, das seit dem 1. Januar 2005 in Kraft ist („TAFTA“). Ebenso bestehen derartige Abkommen mit China (2003) und Indien (2004), die teilweise über die ASEAN Vereinbarungen hinausgehen.
d) WTO
Alle Mitgliedsstaaten der ASEAN sind Mitglieder der WTO. Brunei und Burma seit 1995, Kambodscha seit 2004, Thailand, die Philippinen, Singapur, Indonesein, Malaysia, und Vietnam seit 2007 und Laos seit Februar 2013.
Im Rahmen dieses Artikels ist es nicht möglich, alle multilateralen Abkommen der einzelnen ASEAN Staaten mit anderen Drittstaaten zu beleuchten und deren jeweilige Ausnahmen aufzulisten. Sollten über diesen Artikel hinaus aber weitergehende Fragen bestehen, sprechen Sie uns bitte an. Es ist schwierig, für eine bestimmte Warengruppe (HS-Nummer) in einem bestimmten Zeitpunkt das günstigste einschlägige Abkommen zu finden. Der Unterschied bei der Verzollung kann indes sehr hoch sein.
3. Export-/Importvoraussetzungen
Für den Import und Export von Produkten aus ASEAN Ländern in andere Vertragsstaaten und Drittstaaten wird grundsätzlich ein Ursprungszeugnis für das Produkt benötigt. Es gibt dabei zwei Arten:
- Reguläres Ursprungszeugnis,
- Qualifiziertes Ursprungszeugnis.
a) Reguläres Ursprungszeugnis
Das reguläre Ursprungszeugnis benennt lediglich das Herkunftsland. Hierfür gibt es üblicherweise keinerlei Zollvergünstigungen beim Import.
Mögliche Aussteller dieser Art von Ursprungszeugnissen sind in Thailand zum Beispiel: The Thai Chamber of Commerce, The Department of Foreign Trade und The Federation of Thai Industries. Insbesondere die Thai Chamber of Commerce erstellt Ursprungszeugnisse, sofern das exportierte Gut in Thailand fertig gestellt wurde. Hierzu reicht schon die Montage einzelner Teilprodukte zu einem Endprodukt in Thailand.
Allerdings verlangen verschiedene Importländer über das reguläre Ursprungszeugnis hinaus weitere Formalitäten. Insbesondere Exporte in den Nahen Osten müssen sehr genau vorbereitet werden, da hier zum Beispiel das Herkunftsland auf dem Produkt selbst und nicht lediglich auf der Verpackung erwähnt sein muss.
b) Qualifiziertes Ursprungszeugnis
Mit einem qualifizierten Ursprungszeugnis hingegen gilt das Endprodukt als in dem jeweils ausstellenden Land hergestellt und genießt damit besondere zollrechtliche Behandlungen, gegebenenfalls bis hin zur Zollbefreiung. Ein qualifiziertes Ursprungszeugnis muss bei der jeweils zuständigen Stelle beantragt werden und kann nur dann ausgestellt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Grundsätzlich muss das Endprodukt eine substantielle Änderung (Mehrwert) im Vergleich zu den Ausgangsprodukten erfahren haben. Als Kriterien sind anerkannt:
- das Verarbeitungskriterium oder
- das Anteilskriterium.
Die Auswahl, auf welches dieser Kriterien zurückgegriffen werden kann, ist abhängig davon, in welches Land exportiert werden soll.
aa) Das Verarbeitungskriterium
Nach dem Verarbeitungskriterium müssen mindestens 40 % des FOB-Exportwertes in dem Land als Mehrwert generiert werden, um als in diesem Land hergestellt zu gelten
Beispiel:
Import von Rohmaterial aus Deutschland nach Thailand für 100, Mehrwert hinzugefügt durch Weiterverarbeitung und lokale Materialien in Höhe von 80, Verkauf inklusive Gewinn zum Preis von 190. Danach wurde in Thailand an dem Produkt ein Mehrwert von etwa 42% geschaffen, was dazu führt, dass es innerhalb von ASEAN oder auch ASEAN Plus zollfrei exportiert werden kann.
Diese erwähnten 40% des Exportwertes müssen aus dem exportierenden Land oder einem anderen ASEAN-Mitgliedsstaat stammen oder als von dort stammend gelten (und damit selbst ein entsprechendes qualifiziertes Ursprungszeugnis haben).
bb) Das Anteilskriterium
Ferner gibt es das sogenannte Anteilskriterium, wonach die Herkunft der Ausgangsprodukte grundsätzlich nicht relevant ist. Der anteilige Wert der Verarbeitung darf aber einen bestimmten Prozentsatz nicht unterschreiten.
Beispiel:
Einfuhr von Gold im Wert von 100, Verarbeitung des Goldes zu Schmuck und Export zum Preis von 150. Hier ist ein Wertzuwachs von 50% generiert worden, der dazu führt, dass das Produkt ein qualifiziertes Ursprungszeugnis erhält.
4. Zollfreier Verkauf
Beim Export innerhalb ASEAN oder in ein Drittland ist es wichtig, die entsprechenden Abkommen zu kennen und anwenden zu können. Jedes Abkommen ermöglicht eine andere Art der Behandlung der Produkte beim Import in das jeweilige Land.
a) ASEAN
Innerhalb der ASEAN Mitgliedsstaaten ist der Handel grundsätzlich zollfrei möglich, soweit das Produkt ein qualifiziertes Ursprungszeugnis hat. Die Zölle betragen hier zurzeit zwischen 0% für die meisten landwirtschaftlichen Produkte und bis zu 15% für andere Produkte. Außerdem können eingeführte Produkte vom importierenden Land als „sensibel“ eingestuft werden. Diese Regelung hat zur Folge, dass Zölle beibehalten werden können. Sensible Güter in der gesamten Region sind insbesondere Reis und ähnliche relevante Produkte der Landwirtschaft. Regelmäßige Ausnahmen von der Zollfreiheit werden immer dann gemacht, wenn es ein Mitgliedsstaat im Hinblick auf den moralischen Schutz der Bevölkerung und im Hinblick auf kulturelle Einrichtungen für notwendig hält.
Malaysia hat mit den EFTA-Staaten (European Free Trade Area) am 20. Juli 2010 eine Joint Declaration on Closer Economic Partnership Agreement (CEPA) unterzeichnet. Das CEPA soll die wirtschaftliche Zusammenarbeit vertiefen und beinhaltet insbesondere Klauseln zum Informationsaustausch, zur Entwicklung von Investitionen und Handel sowie zu technischer Unterstützung.
b) ASEAN Plus
aa) RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership)
Eckpunkte des RCEP sind insbesondere die Umsetzung der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) zum Freihandel und der Abbau von Zöllen und soll vor allem ein Gegengewicht zum westlichen Freihandelsabkommen TTP (Transpazifische Partnerschaft) darstellen.
Etwa 65 % der Waren sollen künftig in der Region ohne Zölle gehandelt werden können, wenn das Abkommen in Kraft tritt und die meisten der verbleibenden Zölle sollen innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte schrittweise ebenfalls abgeschafft werden. Insgesamt besteht das RCEP-Abkommen aus 20 Bestimmungen, die wichtige Aspekte der multilateralen Beziehungen wie Warenhandel, Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterungen, Handel mit Dienstleistungen, Investitionen, elektronischer Handel und geistiges Eigentum abdecken.
Inbesondere betrifft das RCEP den Warenhandel:
Innerhalb von 20 Jahren sollen mindestens 90 % der Zölle auf Waren, die in der Region gehandelt werden, beseitigt werden. Die vereinbarten Regelungen gewähren den Mitgliedsländern neue und wichtige Marktzugänge in Bezug auf Waren, vor allem denjenigen, die keine Freihandelsabkommen mit anderen Ländern des RCEP-Blocks haben (z. B. zwischen China und Japan, Japan und Südkorea sowie Japan und Neuseeland).
Zudem enthält das RCEP Bestimmungen, die darauf abzielen, den Handel mit Dienstleistungen innerhalb der Region zu verbessern, indem sie Regeln zum Marktzugang, zur Inländerbehandlung sowie zur Meistbegünstigung festlegen. Diese konzentrieren sich jedoch hauptsächlich auf den Handel mit Finanz-, Telekommunikations- und professionellen Dienstleistungen.
bb) ACFTA (ASEAN China Free Trade Agreement)
Das ACFTA ist in allen ASEAN Vertragsstaaten im Juli 2005 in Kraft getreten. Damit war es zwischenzeitlich (bis zum Inkrafttreten des RCEP) das größte Freihandelsabkommens der Welt nach Anzahl der Bevölkerung (1,9 Milliarden) und das drittgrößte nach aggregiertem Bruttoinlandsprodukt der Mitgliedsländer (6 Billionen US Dollar).
In der ersten Phase verpflichteten sich die sechs Gründungsstaaten und China, ihre Zölle auf 90 % der Produkte bis 2010 abzuschaffen.
Nachdem die sechs Erstunterzeichner ihr Ziel bis 2010 erreicht hatten, verfolgten die CLMV-Länder (Kambodscha, Laos, Myanmar, Vietnam) dieselbe Zollpolitik und erreichten dieses Ziel ebenfalls bis 2015.
Dabei unterteilt das Abkommen die Reduzierung der Einfuhrzölle in drei Kategorien:
- Early Harvest Programme („EHP“), das insbesondere lebende Tiere und Lebensmittel (Nüsse, Früchte, Milchprodukte, etc.) beinhaltet,
- Normal Track (übrige Produkte),
- Sensitive Track (strukturrelevante und sensible Produkte).
EHP-Produkte sind seit dem 1. Januar 2010 grundsätzlich in allen beteiligten Ländern zollfrei. Den Vertragsstaaten bleibt es aber offen, einen gewissen Anteil der von ihnen als relevant eingestuften Produkte (Sensitive Track) aufzulisten und trotzdem mit Zöllen zu belasten. Dabei handelt es sich insbesondere um landwirtschaftliche Produkte wie Reis. Alle übrigen Produkte, insbesondere Maschinen und Maschinenzubehör sowie Chemikalien, sind Normal-Track-Produkte, welche in den ASEAN-6 (also den 6 Gründerstaaten) und China seit dem 1. Januar 2010 zollfrei importiert werden können. In Vietnam, Kambodscha und Myanmar hat sich der Einfuhrzoll seit 2015 ebenfalls auf 0% reduziert.
In den letzten Jahren zeigt sich immer deutlicher, dass China die ohnehin schon engen Handelsbeziehungen mit ASEAN deutlich intensiviert, da hierin eine Möglichkeit für China liegt, sich weg von den zum Teil fremddominierten Handelsbeziehungen mit den USA und der EU hin zu einem chinesisch dominierten Handelsraum zu bewegen. Es ist zudem aufgrund des steten Wachstums auf die vielfältig vorhandenen Ressourcen im ASEAN-Raum angewiesen. Auf der anderen Seite haben einige ASEAN Mitgliedsstaaten bereits Bedenken geäußert, dass ihre Märkte mit billigen Produkten aus China überflutet werden könnten (ähnlich wie Indien).
Am Rande sei auch das am 29. Juni 2010 zwischen der Volksrepublik China und Taiwan unterzeichnete Economic Cooperation Framework Agreement (ECFA) aufgrund seiner Auswirkungen auf den ASEAN-Raum erwähnt. Hiernach sollen Zolltarife im bilateralen Handel reduziert werden.
Unter dem „Early Harvest Program“ gelten reduzierte Zollsätze für bestimmte Produkte. So hat China beispielsweise die Zollsätze für bestimmte Plastikwerkzeuge, petrochemische Produkte, Textilien und Metallprodukte auf null reduziert. Im Gegenzug hat Taiwan Zölle auf petrochemische Materialien, Maschinen und elektronische Produkte auf null reduziet. Insgesamt hat China für 539 Güter reduzierte Zollsätze eingeführt. Taiwan hat im Gegenzug 267 Güter begünstigt.
cc) ASEAN Hong Kong Free Trade Agreement
Die Schaffung des Freihandelsabkommens mit China hatte ferner zunehmend Auswirkungen auf Hongkong. Auch wenn Hongkong ein selbständiges Zollterritorium darstellt und damit nicht direkt von dem Freihandelsabkommen profitierte, so haben sich doch einige Synergieeffekte mit der Sonderverwaltungszone gezeigt.
Die Zuwächse der Re-Exporte aus Hongkong lagen in den ASEAN-Mitgliedsstaaten in den letzten Jahren regelmäßig im zweistelligen Bereich. Durch die Abschaffung von Zöllen auf etwa 7.000 Produkte profitierten auf dem Festland investierende Hongkonger Unternehmen durch die einhergehenden Kostensenkungen. Hongkong partizpiert dadurch zunehmend als Frachtumschlagsplatz an der Schnittstelle der Handelsbeziehungen zwischen ASEAN und China an den wachsenden intra-asiatischen Handelsströmen.
Im Zuge dieser Entwicklung ist nunmehr zwischen Hongkong und ASEAN mittlerweile ein eigenes bilaterales Freihandelsabkommen geschlossen worden, das im Februar 2021 in Kraft getreten ist.
Das Abkommen hat einen umfassenden Geltungsbereich, der den Waren- und Dienstleistungsverkehr, Investitionen, wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit, Streitbeilegungsmechanismen und andere damit zusammenhängende Bereiche umfasst. Ziel ist auch hier der Abbau von Handelsschranken sowie die Reduzierung von Einfuhrzöllen.
dd) AIFTA (ASEAN India Free Trade Agreement)
AIFTA hat zu einer gestaffelten Reduzierung von Einfuhrzöllen für Produkte aus den jeweiligen Ländern geführt. Auch hier gibt es die Unterscheidung zwischen Normal Track, Senstitive Track und speziellen Produkten sowie eine Ausschlussliste.
ee) AANZFTA (ASEAN Australia New Zealand Free Trade Agreement)
Der Einfuhrzoll von Produkten aller Art (also auch Autos von Australien nach Thailand bzw. Malaysia) wurde langfristig bis 2020 auf 0% reduziert, wobei ähnliche Ausnahmen gelten wie für das Freihandelsabkommen mit China.
Ein weiteres bilaterales Abkommen zwischen Malaysia und Australien wurde im Jahre 2012 unterzeichnet und trat am 1. Januar 2013 in Kraft. Dabei wurden bis 2017 etwa 99% aller Produkte zollbefreit.
c) Bilaterale FTA
TAFTA, das Freihandelsabkommen zwischen Thailand und Australien beseitigt seit 1. Januar 2010 nahezu alle Einfuhrzölle mit wenigen Ausnahmen von landwirtschaftlichen und kulturell relevanten Produkten. Damit haben Thailand und Australien bilateral einen früheren Zeitpunkt gewählt, als es Australien mit den oben erwähnten anderen ASEAN-Mitgliedsstaaten getan hat. Insofern wird der Handel hier schon deutlich länger unterstützt, als es zwischen Australien und den ASEAN-Staaten der Fall ist. Ebenso verhält es sich mit den Abkommen zwischen Thailand und China sowie Indien.
d) WTO
Das GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) in seiner Fassung von 1994 ermöglicht grundsätzlich einen zollfreien Handel zwischen den Mitgliedsstaaten. Der Nachteil des GATT ist aber, dass zu viele Ausnahmen von der Regel der Zollfreiheit gemacht worden sind (die Ausnahmeregelungen der EU füllen beispielsweise mehrere Aktenordner.) Dies basiert häufig auf rein politisch motivierten Entscheidungen der Mitgliedsstaaten.
5. Ergebnis
Jedes Abkommen bietet für sich genommen Vor- und Nachteile. Um zolloptimiert exportieren zu können, bedarf es eines Verständnisses für die unterschiedlichen Abkommen sowie praktischer Erfahrungen, da die Auslegung dieser Abkommen durch die einzelnen Staaten oftmals unterschiedlich ist. Nur so kann ein zolloptimierter Export unter Ausnutzung der bestehenden Abkommen vorbereitet werden. Wir stehen Ihnen bei der Optimierung Ihrer Vorhaben gerne zur Verfügung.