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I. Sachverhalt
Eine ausländische Gesellschaft erbringt für eine thailändische Gesellschaft im Wesentlichen nur Leistungen in Hongkong (z. B. Beratung, Planung etc.). Nun soll eine kurzfristige Beratung/Tätigkeit auch am Standort des Kunden in Thailand stattfinden. Fraglich ist, ob diese Tätigkeit eine Steuerpflicht in Thailand auslöst. Durch die Erbringung von Dienstleistungen in Thailand könnte eine steuerliche Betriebsstätte (in Thailand) entstehen.
Grundsätzlich können ausländische juristische Personen in Thailand steuerpflichtig werden, wenn sie steuerpflichtige Einkünfte aus oder in Thailand erhalten,
Sec. 70 des Thai Revenue Codes (,,RC‘‘).
Von der gezahlten Vergütung muss der Zahlende eine Quellensteuer in Höhe von 15 Prozent (laut Income Tax Schedule Nr. 2 b) einbehalten und an das Finanzamt in Thailand abführen.
Allerdings besteht zwischen Hongkong und Thailand ein Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“), das diese Regeln modifiziert.
II. Betriebsstätte gem. den allgemeinen Grundsätzen des Art. 5 Abs. 1 DBA
Das DBA definiert Betriebsstätte wie folgt:
„[…] the term ´permanent establishment´ means a fixed place of business through which the business of an enterprise is wholly or partly carried on.“
Zur Begründung einer Betriebsstätte sind demnach folgende Voraussetzungen erforderlich:
- Feste Geschäftseinrichtung (z. B. Büroräume, ggf. auch nur Schreibtisch),
- Verfügungsmacht des Unternehmens über die Geschäftseinrichtung und
- geschäftliche Tätigkeit, die regelmäßig und über einen nicht nur unwesentlichen Zeitraum ausgeübt wird.
Vorliegend wird keine feste Geschäftseinrichtung des Unternehmens selbst genutzt. Vielmehr werden lediglich die Räumlichkeiten des Kunden in Anspruch genommen. Fraglich ist, ob das ausreicht, um eine Betriebsstätte zu begründen.
Das DBA verlangt gerade nicht, dass es eine feste Geschäftseinrichtung des zu besteuernden Unternehmens sein muss. Entsprechend verweist die allgemeine Kommentierung zum OECD-Muster-abkommen auch darauf, es sei ausreichend, dass ein anderes Unternehmen dem zu besteuernden Unternehmen Räumlichkeiten konstant über einen längeren Zeitraum zur Verfügung stellt. Ausreichend sind etwa Büroräume bei dem Kunden (OECD-Kommentar zum Musterabkommen, Art. 5 Nr. 10).
Werden Beratungsleistungen also regelmäßig in den Büroräumen des thailändischen Kunden erbracht, kann dadurch eine Betriebsstätte entstehen. Welcher Zeitraum dafür erforderlich ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, da es maßgeblich auf den Einzelfall ankommt
Grundsätzlich kommt jedoch eine Betriebsstätte bei einem Zeitraum unter 6 Monaten nicht in Betracht (OECD-Kommentar zum Musterabkommen, Art. 5 Nr. 28), allerdings können besondere Umstände des Einzelfalls (v. a. Bedeutung und Intensität der Tätigkeit) ausnahmsweise eine andere Wertung rechtfertigen, z. B. bei wiederkehrenden kurzfristigen Tätigkeiten können u. U. die einzelnen Zeitspannen zusammen gerechnet werden; bei Geschäftstätigkeiten, die ausschließlich im Quellenstaat ausgeübt werden, auch wenn die Tätigkeit ihrer Art nach nur von kurzer Dauer ist (OECD-Kommentar zum Musterabkommen, Art. 5 Nr. 28).
III. Dienstleistungsbetriebsstätte
nach Art. 5 Abs. 3 lit. b) DBA
Möglich ist aber die Entstehung einer fiktiven Betriebsstätte nach Art. 5 Abs. 3
lit. b) DBA, wenn Dienstleistungen, insbesondere Beratungsleistungen durch Angestellte oder sonstiges Personal erbracht werden, aber nur wenn diese Tätigkeit im Rahmen eines Projektes oder verbundener Projekte länger als 6 Monate innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten dauert. Diese Regelung ist angelehnt an Art. 5 Abs. 3 lit. b) des UN-Musterabkommens und erfordert keine feste örtliche Einrichtung, denn bereits die Erbringung von Dienstleistungen als solche führt zur Besteuerung des Unternehmens im Quellenstaat. Für die Dienstleistungsbetriebsstätte müssen demnach folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Erbringung von Dienstleistungen im anderen Staat,
- durch Mitarbeiter oder sonstiges Personal und
- Projekt (oder verbundene Projekte) dauert länger als 6 Monate innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten.
1) Erbringung von Dienstleistungen im anderen Staat
Unter den Begriff der Dienstleistungen fallen nur persönliche Dienstleistungen,
nicht dagegen sonstige Dienstleistungen wie beispielsweise Leasing beweglicher Sachen oder die Vergabe von Lizenzen für die Überlassung von Know-how. Persönliche Dienstleistungen können auch von Kapitalgesellschaften erbracht werden.
Im Einzelfall kann die Abgrenzung zwischen einer technischen Dienstleistung und einer Know-how-Überlassung problematisch sein. Als Kriterium kann darauf abgestellt werden, ob im Vordergrund die Wissensüberlassung (dann Know-how-Überlassung gegen Lizenz) oder die Lösung des Problems durch den Leistungserbringer selbst steht (dann technische Dienstleistung). Schließlich muss die Erbringung der Dienstleistung vom Verkauf unterschieden werden. Grenzfälle bewegen sich zwischen einer Dienstleistungserbringung und der Veräußerung eines Nutzungsrechts. Die Dienstleistungen müssen im anderen Staat (hier: Thailand) erbracht werden. Fraglich ist, ob der Begriff darauf abstellt, wo die Dienstleistung erbracht oder genutzt, oder wo das Geld gezahlt wird. Unseres Erachtens kommt es auf den Ort der tatsächlichen Tätigkeit an. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Regelung:
„the furnishing of services, including consultancy services, by an enterprise through employees or other personnel engaged by the enterprise for such purpose, but only if activities of that nature continue (for the same or a connected project) within a Contracting Party for a period or periods aggregating more than six months within any twelve-months period“.
Entsprechend ist es auch nicht ausreichend, dass die Tätigkeit in Thailand nur verwertet wird („activities […] continue […]“), sondern die Dienstleistungen müssen vielmehr in Thailand erbracht werden. Bei einer persönlichen Beratung in Thailand wäre das der Fall.
2) Durch Mitarbeiter oder sonstiges Personal
Mitarbeiter sind Angestellte, die ihre Arbeitsleistung gegen Vergütung erbringen
(OECD-Kommentar zum Musterabkommen, Art. 5, Nr. 83). Schwieriger ist die Auslegung des Begriffs „sonstiges Personal“. Nach allgemeinem Verständnis fallen darunter auch Angestellte eines anderen Unternehmens. Allerdings müssen diese Angestellten dem zu besteuernden Unternehmen zugerechnet werden können.
Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn es sich um weisungsgebundenes Personal handelt (OECD-Kommentar zum Musterabkommen, Art. 5, Nr. 83). Diese Voraussetzung wird meistens im Fall einer Personalgestellung erfüllt sein, denn in diesem Fall bestimmt das Unternehmen die Art und Weise der Arbeitsausübung und nicht der eigentliche Arbeitgeber.
Subunternehmer sind grundsätzlich kein sonstiges Personal, da diese regelmäßig nicht weisungsgebunden sind. Vielmehr gibt es dann zwei Unternehmen, sodass jeweils geprüft werden muss, ob die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt sind.
Der Einzelunternehmer ist zwar kein Angestellter, kann aber sonstiges Personal im Sinne der Norm sein, sofern er tatsächlich für das zu besteuernde Unternehmen tätig wird. Für den Begriff des Personals ist kein arbeitsrechtliches Beschäftigungsverhältnis erforderlich. Erfasst werden auch die Organe wie Geschäftsführung und Vorstand des Unternehmens.
3) Zeitberechnung
Ein Projekt (oder mehrere verbundene Projekte) muss einen Zeitraum von 6 Monaten innerhalb von 12 Monaten überschreiten (12 Monate meint nicht das Kalenderjahr, sondern lediglich einen zusammenhängenden Zeitraum).
Die Zeitgrenze wird grundsätzlich für jedes Projekt separat errechnet: eine Koppelung ist nur bei wirtschaftlicher Zusammengehörigkeit möglich. Wann dieser wirtschaftliche Zusammenhang vorliegt, erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, wie etwa der konkrete Auftrag oder ein
wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen verschiedenen Dienstleistungen. Nicht ausreichend ist, dass es sich allein um denselben Auftraggeber handelt.
Aus der Formulierung „[…] activities […] continue“ (s. o.) kann geschlossen werden, dass es für die Fristberechnung nicht auf die bloße Anwesenheit des Personals ankommt, sondern auf die Arbeitsausübung, d. h. auf die tatsächliche Tätigkeit im anderen Land. Für die Berechnung der 6-Monats-Frist sind demnach nur die Anwesenheitstage zu berücksichtigen, die der Tätigkeit funktional zugeordnet werden können (Reisetage sind zu berücksichtigen). Gleichwohl ist zu beachten, dass die Behörden in Thailand unter Umständen einen strengeren Maßstab anlegen, sodass eine Beratung im Vorfeld sinnvoll ist.
Wird die Frist überschritten, so gilt die (steuerpflichtige) Betriebsstätte als von Anfang an fingiert und nicht etwa erst ab dem ersten Tag nach der Fristüberschreitung. Wird die Dienstleistung in Thailand von der HK-Gesellschaft nur kurz, d.h. weniger als 6 Monate, erbracht, dann scheidet eine fiktive Betriebsstätte nach Art. 5 Abs. 3 b) DBA aus.
4) . Fazit/Empfehlungen
Es entsteht grundsätzlich keine steuerliche Betriebsstätte in Thailand, wenn lediglich eine kurze Beratung oder sonstige Dienstleistung erbracht wird. Um eine Betriebsstätte der HK-Gesellschaft in Thailand zu verhindern, darf die Tätigkeit in Thailand nur unregelmäßig und von kurzer Dauer sein. Vorsorglich ist hier darauf zu achten, dass der HK-Gesellschaft keine Verfügungsmacht über Einrichtungen in Thailand eingeräumt wird.
Etwas anderes gilt aber für Fälle, in denen kein DBA abgeschlossen ist.