I. Einführung
Die üblichste Gesellschaftsform in Hongkong ist die Company Limited (Ltd.), d.h. eine eigenständige juristische Person mit beschränkter Haftung. Wie in Deutschland auch, haftet die Gesellschaft grundsätzlich nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Allerdings gibt es keine Vorgaben in Bezug auf das Mindestkapital einer Ltd. in Hongkong. Es ist also möglich und kommt des Öfteren vor, dass Gesellschaften mit einem Kapital von 1 HKD (ca. 0,10 EUR) gegründet werden.
Die Anzahl der Gesellschafter (shareholder) bei einer privaten Ltd. ist auf 50 begrenzt (Cap 622 [Companies Ordinance], Sec 11 (1)(a)(ii)); bei mehr als 50 Gesellschaftern spricht man von einer public limited company, die dann auch an der Hongkonger Börse gelistet werden kann. Da für public limited companies aber teilweise andere und weiterreichende Pflichten bestehen (z.B. Veröffentlichung der Bilanzen), soll sich dieser Newsletter ausschließlich auf private limited companies beziehen.
Organe einer private limited company sind
- das Board of Directors (= Geschäftsführer),
- die Shareholder (Gesellschafter) und
- der Company Secretary.
Ein dem deutschen Aufsichtsrat vergleichbares Organ findet sich in Hongkong nicht. Es können aber Personen zu non-exectutive directors bestellt werden, die dann eine beratende und überwachende Funktion ausüben können.
Der Company Secretary einer Gesellschaft ist eine offizielle Position. Er ist den Behörden
gegenüber für die Einhaltung der gesetzlichen administrativen Vorschriften verantwortlich.
Der Company Secretary ist vor allem für die Aufbewahrung der Gesellschaftsunterlagen und die Einhaltung verschiedener Meldevor-schriften und Pflichten verantwortlich. In das operative Geschäft der Gesellschaft greift der Company Secretary nicht ein.
Von daher soll nachstehend vor allem beleuchtet werden, wie die Aufgabenverteilung zwischen den Gesellschaftern und den Geschäftsführern bzw. dem Board of Directors geregelt ist.
II. Board of Directors versus Gesellschafter
1. Die Gesellschafter und ihre Aufgaben und Pflichten
a) Überblick
Die Shareholder einer Gesellschaft sind deren Eigentümer.
b) Grundsatz
Zu beachten ist allerdings, dass die Gesellschafter grundsätzlich nicht aktiv in das operative Tagesgeschäft der Gesellschaft eingreifen. Dies ist grundsätzlich dem Board of Directors vorbehalten. Dieser Grundsatz findet sich in Cap 622H Companies (Model Articles) Notice, Schedule 2:
Sec 3 (1): Subject to the Ordinance and these articles, the business and affairs of the company are managed by the directors, who may exercise all the powers of the company.
Zwischen den Gesellschaftern kann aber entweder bei Gründung der Gesellschaft in der Gesellschaftssatzung (Articles of Association) oder später in einem separaten Gesellschaftervertrag (Shareholders’ Agreement) vereinbart (und damit von Sec 3 (1) abgewichen) werden, dass bestimmte Geschäfte entweder der Zustimmung der Gesellschafter bedürfen, oder von diesen ausschließlich beschlossen werden sollen. In letzterem Fall ist für die Ausführung eines solchen von den Gesellschaftern beschlossenem Geschäfts (z.B. Kauf einer Immobilie) trotzdem das Board of Directors notwendig, da die Gesellschaft ausschließlich durch die Direktoren und nicht durch die Gesellschafter vertreten werden kann.
Möchten die Gesellschafter bestimmte Geschäfte vom Board of Directors auf sich übertragen (und damit dem Board of Directors Entscheidungsbefugnisse entziehen), so kann dies nur dadurch geschehen, dass die Articles of Association entsprechend geändert werden. Alternativ können die Share-Gesellschafter bestimmte (oder alle) Direktoren austauschen und (neue) Direktoren einsetzen.
c) Ausschließlich den Gesellschaftern vorbehaltene Geschäfte
Es gibt allerdings eine Anzahl von Geschäften, welche durch Gesetz ausschließlich den Gesellschaftern zugewiesen und nicht dispositiv sind. Diese sind in Cap 622 Companies Ordinance (CO) wie folgt festgelegt:
- Änderung des Gesellschaftszwecks (Section 89 CO)
- Änderung der Articles of Association (Section 87, 88 CO)
- Namensänderung (Section 107, 108, 111 (1) CO)
- Entscheidungen in Bezug auf das Kapital der Gesellschaft (Rückkauf von Aktien/ Erhöhung und Reduzierung des Kapitals, Änderung der Stimmrechte, etc.)
- Benennung und Entlassung der Auditors (Section 394 to 399, 402 (2)(b)(i), 404, 416 (4), 419, 420 CO)
- Entlassung von Direktoren (Section 462 CO)
- Liquidierung der Gesellschaft (Cap 32 Companies (Winding Up and Miscellaneous Provisions) Ordinance, Section 228 (1) (b)).
2. Abstimmungen unter den Gesellschaftern
a) Annual General Meeting
Folgt die Gesellschaft dem oben genannten Grundsatz, dass das operative Tagesgeschäft vom Board of Directors ausgeführt wird und sich die Gesellschafter im Übrigen im Hintergrund halten, so ist es gemäß Section 610 CO ausreichend, dass sich die Gesellschafter einmal im Jahr zu einer ordentlichen Hauptversammlung (Annual General Meeting, AGM) treffen, zu welcher das Board of Directors die Gesellschafter fristgerecht unter Beilegung einer Agenda einladen muss.
b) Quorum
Solange die Articles of Association nichts anderes bestimmen, ist die Hauptversammlung beschlussfähig, wenn zumindest ein Quorum von zwei Gesellschaftern sich eingefunden hat (Section 585 (1) CO). Es ist also nicht notwendig, dass sämtliche Shareholder oder eine bestimmte Anzahl der Stimmen bei der Versammlung anwesend sind; darüber hinaus kann sich jeder Gesellschafter durch einen Vertreter repräsentieren lassen.
Abstimmungen werden, solange nicht das Vorliegen einer qualifizierten Mehrheit (Special Resolution) notwendig ist (siehe unten), mit einfacher Mehrheit, d.h. mit 50% + 1 Stimme der abgegebenen Stimmen getroffen. Sollte es zu einem Patt bei der Abstimmung kommen, so hat der Vorsitzende des Meetings eine entscheidende Stimme (casting vote).
c) Extraordinary General Meeting
Möchten sich die Gesellschafter außerhalb des jährlichen AGM treffen und Beschlüsse fassen, so findet dies als Extraordinary General Meeting (EGM) statt. Zu diesem müssen die Direktoren auf Aufforderung der Gesellschafter einladen, bzw. wenn die Direktoren der Meinung sind, dass es eines EGM bedarf, müssen sie eine entsprechende Einladung versenden. Darüber hinaus können noch weitere Personen (Auditor, Liquidator, das Gericht) ein EGM einberufen, wenn es hierfür ersichtliche Gründe gibt. Für ein solches EGM gelten die gleichen Vorschriften wie für das AGM.
d) Special Resolution
Wie oben gesehen wird ein Vorschlag durch Abstimmung mit einfacher Mehrheit angenommen, solange nicht das Gesetz, die Articles of Association oder ein Shareholders’ Agreement eine qualifizierte Mehrheit fordern. Eine Special Resolution erfordert nach Section 562, 564 CO die Zustimmung von mindestens 75% der abgegebenen Stimmen.
Die folgenden Geschäfte bedürfen unter anderem kraft Gesetzes einer Special Resolution und es kann hiervon nicht abgewichen werden:
- Änderung des Gesellschaftszwecks (Section 89 CO)
- Änderung der Articles of Association (Section 88 (2) CO)
- Änderung des Gesellschaftsnamens (Section 107) CO)
- Entscheidung zum Rückkauf von eigenen Anteilen (Section 244 CO)
- Reduzierung des Kapitals (Section 211 CO)
- Liquidierung der Gesellschaft (Winding Up and Miscellaneous Provisions Ordinance, Section 228 (1)(b)).
Darüber hinaus gibt es für Meetings, in welchen eine Special Resolution gefasst werden soll, bestimmte Ladungsfristen und der Inhalt der Special Resolution ist in der Ladung genau anzugeben.
Nach erfolgreicher Abstimmung und Annahme der Special Resolution muss diese innerhalb von 15 Tagen beim Hongkonger Handelsregister (Companies Registry) registriert und hinterlegt werden.
3. Das Board of Directors
a) Überblick
Gemäß Section 453 (3) CO hat eine Hongkong private limited company über zumindest einen Direktor zu verfügen. Fällt dieser aus, etwa durch Rücktritt, Tod, etc., so haben die Gesellschafter innerhalb von zwei Monaten mindestens einen neuen Direktor zu bestellen. Da eine Hongkong Gesellschaft aber ausschließlich über ihre Direktoren vertreten wird, ist während dieser Zeit die Gesellschaft quasi handlungsunfähig, so dass es ratsam ist, immer mehr als einen Direktoren zu bestellen.
b) Bestellung und Abberufung
Grundsätzlich werden die Direktoren durch die Gesellschafter bestellt, welche auch entscheiden können, ob und – falls ja – in welcher Höhe der Direktor eine Vergütung erhält. Daneben ist es auch noch möglich, dass das Board of Directors selbst weitere Direktoren ernennt (Cap 622H Companies (Model Articles) Notice, Schedule 2, Sec 22 (1)(b)), etwa um einen unbesetzten Direktorenposten zu besetzen. Diese halten ihre Position aber nur bis zum nächsten AGM, in welchem sie dann von den Gesellschaftern bestätigt werden müssen. Im Gegensatz hierzu ist es für das Board of Directors nicht möglich, andere Direktoren abzuberufen. Tritt ein Direktor nicht freiwillig von seiner Position zurück (resignation), müssen ihn die Gesellschafter abberufen.
c) Außenvertretung und Managing Director
Nach Hongkonger Common Law wird eine Gesellschaft immer gemeinschaftlich durch das Board of Directors vertreten, d.h. ein Direktor alleine kann grundsätzlich nicht für die Gesellschaft handeln, wenn er hierzu nicht durch Vollmacht der anderen Direktoren ermächtigt wurde. Dies heißt aber auch im Gegenzug, dass immer sämtliche Direktoren für Handlungen des Board of Directors haftbar gemacht werden können, da sämtliche Entscheidungen immer im Gremium zu treffen sind. Diese Haftung gilt für einzelne Direktoren auch dann, wenn sie gegen den entsprechenden Beschluss gestimmt haben. Die einzige Möglichkeit, dieser Haftung zu entgehen, ist der sofortige Rücktritt des Direktors, noch bevor über die Angelegenheit abgestimmt wurde. Ein solcher Rücktritt kann sofort und mündlich den restlichen Direktoren gegebenüber erfolgen und ist dann auch sofort wirksam.
Den Direktoren steht es weiterhin frei, aus ihrer Mitte einen Managing Director zu benennen (Cap 622H Companies (Model Articles) Notice, Schedule 2, Section 5 (1)). Auf diesen können die Direktoren dann bestimmte Aufgaben der Geschäftsführung übertragen, welche der Managing Director dann alleinverantwortlich führt.
d) Abstimmungen im Board of Directors
Die Regeln zur Abstimmung unter den Gesellschaftern gelten grundsätzlich auch für das Board of Directors.
Möchte das Board of Directors zusammen über anstehende Entscheidungen beraten, so ist hier, im Gegensatz zu den Gesellschaftern, keine eigenständige Einladung notwendig. Da die Direktoren das Tagesgeschäft der Gesellschaft leiten, wird davon ausgegangen, dass sie regelmäßig zusammenkommen.
Wie bei einem AGM ist zumindest die An-wesenheit von zwei Direktoren notwendig, um ein Quorum zu formen (Cap 622H Companies (Model Articles) Notice, Schedule 2, sec 11 (2)), soweit in den Articles of Association oder in einem Shareholders’ Agreement keine anderweitigen Regelungen von den Gesellschaftern festgelegt wurden. Abstimmungen bedürfen hierbei grundsätzlich einer einfachen Mehrheit (50% + 1 Stimme) der abgegeben Stimmen.
Im Gegensatz zu der Regelung bei Gesellschaftern gibt es für das Board of Directors keine gesetzliche Regelung mit dem Inhalt, dass bestimmte Entscheidungen einer qualifizierten Mehrheit, Special Resolution, bedürfen. Es empfiehlt sich aber für die Gesellschafter, entweder in den Articles of Association oder in einem Shareholders‘ Agreement, bestimmte Geschäfte festzulegen, welche eine qualifizierte Mehrheit erfordern. Dadurch können die Gesellschafter sicherstellen, dass Rechtsgeschäfte und andere Handlungen von größerer Tragweite nicht ohne weiteres durch das Board of Directors vorgenommen werden können, sondern einer höheren Zustimmung bedürfen. Die Gesellschafter können bei der Festlegung einer solchen Regelung frei entscheiden, wie hoch die qualifizierte Mehrheit sein muss (z.B. 75%, 80%, oder 100%, oder auch jede andere Regelung), wie sie sich zusammensetzt (in Bezug auf abgegebene Stimmen, oder in Bezug auf sämtliche Stimmen des Board of Directors).
Entscheidungen, die einer qualifizierten Mehrheit zugewiesen werden sollten, können in etwa sein:
- Veräußerung von Anlagevermögen
- Belastung von Anlagevermögen
- Aufnahme von Hypotheken
- Vertragsabschlüsse ab einem bestimmten Wert
- Andere Arten von Geschäften, die für die Gesellschaft grundlegende Bedeutung haben.
Alternativ dazu können die Gesellschafter auch vereinbaren, dass bestimmte Geschäfte nicht nur einer qualifizierten Mehrheit bedürfen, sondern auch der Zustimmung der Gesellschafter. Hierdurch kann sichergestellt werden, dass die Gesellschafter ein Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen und ein Vetorecht haben.
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die oben angesprochenen Beschränkungen der Entscheidungsmacht des Board of Directors dieses nur im Innenverhältnis binden. Im Außenverhältnis zu dritten Personen sind und bleiben die Direktoren weiterhin voll handlungs- und vertretungsfähig. Übertritt dann das Board of Directors im Außenverhältnis seine Vertretungsbefugnisse, die im Innenverhältnis festgelegt wurden, so kann dies zu Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft und der Gesellschafter gegen das Board of Directors führen.
III. Zusammenfassung
- Die beiden Hauptorgane einer Hongkonger private limited company sind das Board of Directors der Gesellschaft und die Gesellschafter. Daneben begleitet der Company Secretary noch die administrative Arbeit der Gesellschaft, ist aber nicht am operativen Geschäft der Gesellschaft beteiligt. Ein dem Aufsichtsrat ähnliches Organ kennt das Hongkonger Recht nicht.
- Das tägliche operative Geschäft der Gesellschaft obliegt dem Board of Directors gemeinschaftlich, das auch für Fehlentscheidungen gemeinschaftlich haftbar gemacht werden kann.
- Bestimmte Aufgaben weist das Gesetz dennoch den Gesellschaftern zur Entscheidung zu, welche nicht dispositiv sind. Darüber hinaus können die Gesellschafter regeln, dass ihnen weitere Geschäfte zur Entscheidung zustehen
- Bei bestimmten Gesellschafterentscheidungen bedarf es anstatt einer einfachen einer qualifizierten Mehrheit von mindestens 75% der abgegebenen Stimmen.
- Im Board of Directors werden Entscheidungen ebenfalls mit einfacher Mehrheit der abgegeben Stimmen getroffen. Die Gesellschafter können aber festlegen, dass bestimmte Geschäfte einer qualifizierten Mehrheit oder der Zustimmung der Gesellschafter bedürfen.