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I. Einleitung
Dass auf Erbschaften und Schenkungen in Deutschland grundsätzlich einer Steuer anfällt, dürfte bekannt und daher im Vorfeld kalkulierbar sein.
Problematisch kann es allerdings werden, wenn deutsche Staatsangehörige ins Ausland auswandern. Denn dabei kann es auch nach dem Wegzug aus Deutschland dazu kommen, dass man für eine bestimmte Zeit beschränkt oder auch unbeschränkt in Deutschland erbschaftsteuerpflichtig bleibt.
II. (Erweitert) Unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht
Bei Schenkungen und Erbschaften fällt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) grundsätzlich eine Steuer an. Deren Höhe hängt vom Grad der Verwandtschaft sowie von dem jeweiligen Wert des Nachlasses bzw. der Schenkung ab.
Die Erbschaftsteuer stellt dabei eine sog. Erbanfallsteuer dar und ist nicht als letzte Besteuerung beim Erblasser, sondern als erste Besteuerung beim Erben zu verstehen.
Eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht dann, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes (bzw. der Schenker zur Zeit der Ausführung der Zuwendung) oder der Erwerber zur Zeit der Steuerentstehung ein Inländer im erbschaftsteuerrechtlichen Sinn war (§§ 2 und 9 ErbStG).
Inländer im erbschaftsteuerrechtlichen Sinn sind dabei gem. § 2 Abs. 1 ErbStG:
- natürliche Personen, die im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben,
- deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre ohne deutschen Wohnsitz dauernd im Ausland aufgehalten haben,
- deutsche Staatsangehörige, die zwar weder ihren Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, aber in einem Dienstverhältnis zu einer deutschen juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen und aus öffentlichen Kassen ihren Arbeitslohn beziehen,
- Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz in Deutschland haben.
Wohnt also eine der beiden Personen (Erbe / Erblasser bzw. Schenker / Beschenkter) in Deutschland (bzw. hat er unbeschränkten Zugang zu einer Räumlichkeit, die zum Wohnen geeignet ist), so ist der Erwerb in Deutschland unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig.
Aus unserer Erfahrung stellt der Wohnsitz- bzw. Aufenthaltsbegriff in der Praxis eines der größten Probleme dar, da viele Expats bspw. in Deutschland eine Standby-Wohnung beibehalten.
In dieser Hinsicht ergeben sich zwei typische Missverständnisse, die zu vermeiden sind:
- Ein „gewöhnlicher Aufenthalt“ i.S.d. ErbStG kann bereits (unabhängig vom Wohnsitz) dann begründet werden, wenn man sich mehr als 6 Monate am Stück in Deutschland aufhält, § 9 AO. Wichtig ist es, diese 6-Monatsfrist von der abkommensrechtlichen 183-Tage Regelung aus Art. 15 Abs. 2 lit. a des OECD Musterabkommens (in der die Arbeitnehmerentstendung geregelt ist) abzugrenzen. Man kann sich also bspw. mit zeitlicher Unterbrechung 4 mal im Jahr für jeweils 2 Monate in Deutschland aufhalten, ohne dass ein gewöhnlicher Aufenthalt im steuerrechtlichen Sinne begründet wird.
- Ein Lebensmittelpunkt im Ausland schließt die Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland nicht aus: Für die Bejahung eines Wohnsitzes im Sinne von § 2 Abs. 1 ErbStG ist es nicht erforderlich, dass der Betroffene an diesem inländischen Wohnsitz tatsächlich auch seinen Lebensmittelpunkt hat, dort einer beruflichen Tätigkeit nachgeht oder sich dort überhaupt aufhält. Ein Wohnsitz kann also auch dann bejaht werden, wenn der Betroffene keinen einzigen Tag in seiner deutschen Wohnung verbracht hat. Ausreichend ist die bloße Zugangsmöglichkeit (z.B. bei Mietwohnungen). Unerheblich ist dagegen die einwohnermelderechtliche Anmeldung.
Außerdem ergibt sich als weiteres Problem:: Als Steuerinländer gilt, wie § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG festlegt, nicht nur jede natürliche Person, die zum Zeitpunkt der Steuerentstehung ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.
Vielmehr werden auch deutsche Staatsangehörige, die einen Wohnsitz im Inland hatten, für fünf Jahre nach dessen Aufgabe als Steuerinländer qualifiziert (sog. erweitert unbeschränkte Steuerpflicht für Wegzügler, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. b ErbStG). Diese 5-Jahres-Frist verlängert sich, wenn der Wohnsitz zwischenzeitlich in Deutschland wieder begründet wird.
Beispiel:
Ein Expat wandert im Jahr 2022 aus und verlegt seinen Wohnsitz in die Schweiz. Die 5-Jahres-Frist beginnt 2022. Kommt der Expat nun innerhalb der Frist häufiger nach Deutschland (bspw. weil dieser bei der Muttergesellschaft mehr zu tun hat) und begründet erneut in Deutschland einen Wohnsitzz, dann beginnt die 5-Jahres-Frist jedes mal von Neuem.
Liegt eine solche erweitert unbeschränkte Steuerpflicht vor, unterliegt der gesamte Vermögenserwerb der deutschen Erbschaftsteuer, unabhängig davon, ob das Vermögen im Inland oder Ausland belegen ist und ob eine weiterer Beteiligter Steuerausländer (also nicht Inländer iSd § 2 Abs. 1 ErbStG) ist.
Zu beachten ist allerdings, dass es für bestimmte, unbeschränkt Steuerpflichtige in Deutschland gem. § 16 ErbStG Freibeträge gibt (z.B. beim Erwerb durch den Ehegatten /Lebenspartners in Höhe von 500.000 Euro). Erwerbe innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren werden dabei zusammen gerechnet.
III. Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht
Soweit hingegen keine unbeschränkte Steuerpflicht gegeben ist (z.B. wenn Erblasser und Erbe seit mehr als fünf Jahren weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben), gilt hingegen die beschränkte Steuerpflicht nur für bestimmtes inländisches Vermögen, § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbschG.
Solches sog. „Inlandsvermögen” i.S.d. § 121 Bewertungsgesetz (BewG) sind z.B. Beteiligungen an einer deutschen Kapital-/Personengesellschaft oder deutsche Immobilien.
Bei Gesellschaftsanteilen ist jedoch zu differenzieren:
- bei Kapitalgesellschaften tritt die beschränkte Steuerpflicht erst bei einer Beteiligung von mind. 10% ein.
- Bei Personengesellschaften nur, soweit Betriebsvermögen in Deutschland vorhanden ist.
- bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften grundsätzlich immer.
Zu beachten ist, dass (anders als bei der unbeschränkten Steuerpflicht) nach § 16 Abs. 2 ErbStG die Freibeträge bei beschränkter Steuerpflicht nur anteilig gewährt werden, sodass man dem deutschen Finanzamt gleichwohl den gesamten, weltweiten Erwerb offenlegen muss.
IV. Erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht
Neben der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht kann es in bestimmten Fällen zu einer sog. erweitert beschränkten Erbschaftsteuerpflicht kommen.
Diese ist im Außensteuergesetz geregelt und tritt bei einem Wohnsitzwechsel in ein niedrig besteuertes Gebiet ein. Wann ein Land als Niedrigbesteuerungsgebiet gilt, ergibt sich dabei aus § 2 Abs. 2 AStG. Danach wird zur Ermittlung beispielsweise pauschal ein Einkommen von 77.000 Euro angenommen. Ist die Einkommensteuerbelastung im neuen Ansässigkeitsstaat um mehr als ein Drittel geringer als die korrespondierende Steuerbelastung in Deutschland, wird eine niedrige Besteuerung unterstellt.
Der deutsche Gesetzgeber versucht mit dieser Regelung, dem steuerlich motivierten Wegzug natürlicher Personen in das niedrig besteuernde Ausland entgegenzuwirken und zu verhindern, dass Steuerzahlungen bewusst vermieden werden.
Erfolgt der Wegzug des Erblassers bzw. Schenkers nun in ein solches Niedrigsteuergebiet, wird für Erbfälle und Schenkungen innerhalb von 10 Jahren nach dem Wegzug der Umfang des Vermögens, das der deutschen Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer unterliegt, auf sämtliches in Deutschland belegenes Vermögen ausgeweitet (erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach § 4 Abs. 1 AStG).
Die erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht kommt allerdings nur dann zum Tragen, wenn der 5-Jahreszeitraum der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht verstrichen ist (siehe unter Punkt I.) bereits verstrichen ist.
Unter den folgenden Voraussetzungen entsteht eine erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht gem. § 4 AStG:
- Der Erblasser/Schenker war vor seinem Wegzug aus Deutschland insgesamt mindestens 5 Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig
- Der Erblasser/Schenker ist deutscher Staatsangehöriger
- Der Erblasser/Schenker ist nach seinem Wegzug in einem Niedrigsteuerland ansässig.
- Der Erblasser/Schenker muss weiterhin wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland haben. Ob solche vorliegen, ist in § 2 Abs. 3 AStG und § 2 Abs. 4 AstG geregelt (z.B. bei Unternehmern oder Mitunternehmern eines in Deutschland belegenen Gewerbebetriebs)
Zur Veranschaulichung folgendes Beispiel:
Großvater G hat seinen Wohnsitz in Frankfurt. Dieser hat seine Enkelin E, die im Ausland lebt, zur Alleinerbin eingesetzt. G wechselt seinen Wohnsitz zum 1.1.2017 aus Deutschland in ein Niedrigsteuergebiet (Schweiz, Singapur etc.)
Verstirbt G nun innerhalb der nächsten 5 Jahre, d. h. bis Ende 2022, dann ist E gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 b ErbStG erweitert unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig, sodass der gesamte Vermögenserwerb der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt.
Anders sieht es dagegen aus, wenn G nach Ablauf der 5-Jahresfrist, aber vor dem Ende von 10 Jahren (seit dem Wohnsitzwechsel) verstirbt. In diesem Fall kommt es zur erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht, sofern die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen.
Folge der erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht ist, dass von der deutschen Steuerpflicht nicht nur das Inlandsvermögen erfasst wird, sondern auch das erweiterte Inlandsvermögen. Hierzu zählen z.B. Kapitalforderungen und Schulden, Barguthaben bzw. Bankguthaben bei Geldinstituten.
Kritik an der Regelung
Die derzeitige Ausgestaltung der erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht, insbesondere die Anknüpfung an die deutsche Staatsangehörigkeit, verstößt aus unserer Sicht ggf. gegen die Systematik des deutschen Steuerrechts und ist verfassungsrechtlich hinsichtlich des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Artikel 3 GG problematisch. Der bloße Umstand, dass eine Person über einen deutschen Pass verfügt, kann im Einzelfall eine erhebliche Steuerbelastung auslösen, die ohne den deutschen Pass nicht eingetreten wäre.
Zur Veranschaulichung der Absurditat dieser Regelung folgender Fall:
Mann M ist Deutscher und lebt mit seiner Frau F, welche die Staatsbürgerschaft Hongkongs und Kanadas besitzt, seit vielen Jahren gemeinsam in Hongkong.
Sie bekommen eineiige Zwillinge, Kind A und Kind B. Wie in Hongkong üblich, beantragt M für Kind A die deutsche Staatsangehörigkeit, für Kind B die kanadische.
Beide Kinder studieren Informatik in Hongkong. Jedes der Kinder hat wiederum selbst ein Kind (jeweils Staatsbürger Hongkongs, E 1 und E 2). Nach Ende der langen Ausbildung ziehen Kind A und B nach Deutschland und arbeiten dort für 5 ½ Jahre in hochdotierten Jobs in einem großen Softwareunternehmen.
Aufgrund des sehr guten Verdienstes häufen beide jeweils ein Vermögen von 650.000 EUR an, welches sich auf deutschen (oder auch Hongkong) Konten befindet.
Nach 5 ½ Jahren ziehen beide zurück nach Hongkong, das Geld wird jedoch auf den deutschen Konten belassen.
In der Folgezeit halten sich weder Kind A noch Kind B erneut in Deutschland auf, ihr gesamtes Leben findet in Hongkong statt.
Nach 8 Jahren versterben Kind A und Kind B bei einem Verkehrsunfall in Hongkong.
Hinweis: Nach deutschem Recht gilt die sog. „Komorientenvermutung“ nach § 11 VerschG. Diese besagt, dass wenn zwei Personen in einem Ereignis (z.B. Unfall) gleichzeitig oder in so engem zeitlichem Zusammenhang sterben, dass nicht festgestellt werden kann, wer von beiden zuerst verstorben ist, sie als gleichzeitig verstorben gelten. Das führt dazu, dass keiner der beiden als Erben des anderen angesehen wird.
Erbschaftsteuerliche Folgen:
Der vorliegend aufgezeigte Fall führt bei einem sehr ähnlichen (nahezu identischen) Lebenssachverhalt zu erheblich unterschiedlichen erbschaftsteuerlichen Folgen hinsichtlich der deutschen Erbschaftsteuer.
Während das Kind E 2 als Erbe von B keinerlei Erbschaftsteuer auf das sich weiterhin in Deutschland (bzw. Hongkong) befindliche Bankguthaben zahlen muss, unterliegt das Erbe des Kindes E 1 von A gem. § 4 AStG in vollem Umfang der erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland. Zwar werden erbschaftsteuerliche Freibeträge berücksichtigt, aufgrund der Höhe des Vermögens fällt aber dennoch eine Steuer an.
Die Ungleichbehandlung ist allein auf den Umstand zurückzuführen, dass A nahezu zufällig vor mehreren Jahrzehnten in der Kindheit einmal einen deutschen Reisepass beantragt hat und die Staatsbürgerschaft anschließend beibehalten hat. Der Sachverhalt ist ansonsten vollständig identisch, das Leben beider Kinder findet im Zeitpunkt des Erbfalls ausschließlich in Hongkong statt und der Aufenthalt in Deutschland erfolgte nur für wenige Jahre aus beruflichen Gründen.
Warum es in einem solchen Falle zu einer völlig unterschiedlichen Steuerbelastung in Deutschland nur aufgrund eines Reisepasses bzw. Staatsbürgerausweises kommen soll, kann verfassungsrechtlich aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt werden (zur Frage der Verfassungsmäßigkeit siehe unten unter VII.).
Abwandlung: Kind A und B versterben nicht bei einem Autounfall, sondern verschenken 8 Jahre später ihr Bankguthaben, das beide in Höhe von 600.000 € in Hongkong haben, jeweils an ihr Kind.
Auch in diesem Falle würde in Deutschland hinsichtlich der Schenkung von Kind A an E 1 Schenkungsteuer anfallen, wohingegen die unter Betrachtung des Lebenssachverhaltes identische Schenkung von Kind B an E 2 keiner deutschen Steuer unterliegt.
V. Problem: Doppelbesteuerung
Hinzu kommt, dass Erbschafts- bzw. Schenkungsteuer ggf. auch im Wohnsitzstaat des Steuerausländers anfallen kann (z. B. in Spanien oder ab einer gewissen Höhe in Thailand). Insoweit droht eine Doppelbesteuerung.
Beispiel:
Die thailändische Tante, die auch in Thailand wohnt, hinterlässt ihr gesamtes Vermögen in Thailand ihrem Neffen in Berlin. Auf den Nachlass findet thailändisches Erbrecht Anwendung, der Neffe ist aber nach deutschem Erbschaftsteuerrecht voll („unbeschränkt“) in Deutschland steuerpflichtig.
Problematisch ist, dass auf dem Gebiet des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts Deutschland insgesamt nur 6 Doppelbesteuerungsabkommen mit folgenden Staaten abgeschlossen hat:
Dänemark, Frankreich, Griechenland, Schweden, Schweiz, die USA (Österreich nur bis 2007, danach seitens Deutschland gekündigt, da in Österreich 2008 die Erbschaft- und Schenkungsteuer abgeschafft wurde).
Soweit hingegen kein Doppelbesteuerungsabkommen zur Anwendung kommt und ausländisches Vermögen in Deutschland der Erbschaftsteuer unterfällt, ist die im Ausland bezahlte Erbschaftsteuer unter den in § 21 ErbStG, 4 AstG genannten Voraussetzungen auf die Erbschaftsteuer anzurechnen.
Hierbei gilt allerdings zu beachten, dass die ausländische Steuer nur bis zu einem Höchstbetrag angerechnet wird. Insoweit kann es zu einem sog. Anrechnungsüberhang kommen, wenn die im Ausland erhobene Erbschaftsteuer höher ist als in Deutschland. Dies hat zur Folge, dass der übersteigende Betrag bei der Anrechnung nicht mehr berücktsichtigt wird und es damit zu einer echten Doppelbesteuerung kommt.
Ferner setzt die Anrechnung voraus, dass die ausländische Steuer mit der deutschen Erbschaftsteuer vergleichbar ist.
So kommt für eine Anrechnung bspw. die im Todesfall des Erblassers anfallende kanadische Kapitalgewinnsteuer („capital gains tax on deemed disposition on death“) nicht in Betracht.
VI. Problematische Konstellationen für deutsche Expats
Im Einzelfall können sich weitere Konstellationen ergeben, die sich bei einem Wegzug ins Ausland als problematisch erweisen können und daher zu beachten sind.
Im Folgenden sind beispielhaft einige dieser Konstellationen aufgeführt, um die damit verbundenen Praxisprobeleme zu veranschaulichen:
- Wegzug nach Thailand und Errichtung eines Trusts in Hongkong während der 5-Jahresfrist
- Wegzug nach Thailand und Eröffnung eines gemeinsamen Depots in Singapur zusammen mit der Ehefrau/dem Ehemann
- Wegzug der Eltern nach Thailand, wobei diese dort länger als 5 Jahre verbleiben, während das volljährige Kind nach Deutschland zurückkehrt, um dort zu studieren.
- Wegzug eines geschiedenen Expats nach Thailand, wobei dessen Kinder in Deutschland bleiben.
- „Drei-Länder-Probleme“: Wohnsitz in Thailand, Standby-Wohnsitz in Deutschland und Vermögen in Frankreich.
- Durch die doppelte Steuerpflicht können bestimmte Vorgänge in einem Land steuerfrei sein (z.B. Familienheimschenkung, Freibeträge, Übertragung von Unternehmensanteilen, Güterstandsschaukel) und in dem anderen Land steuerpflichtig.
Fälle wie diese sollten im Vorfeld berücksichtigt und mit Experten besprochen werden, um erbschaftssteuerrechtliche Probleme zu vermeiden.
VII. Kritik an der Erbschaftsteuer bei deutschen Expats
Für deutsche Staatsangehörige, die ins Ausland umziehen, kann es im Rahmen der Erbschafsteuer auch nach dem Wegzug zu einer erheblichen Steuerbelastung in Deutschland (und ggf. zusätzlich in dem anderen Land) kommen. Bis zu 5 Jahre nach Wegzug besteht die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland fort, sodass der gesamte Vermögenserwerb der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt.
Aber auch nach Ablauf der 5 Jahresfrist ist man als Deutscher unter Umständen nicht vor der deutschen Erbschaftsteuer gefeit, soweit man in ein nach deutschem Steuerrecht als Niedrigsteuergebiet charakterisiertes Land auswandert.
Dies ist aus unserer Sicht problematisch, da sowohl bei der erweitert unbeschränkten, als auch bei der erweitert beschränkten Erbschaftsteuerpflicht im Ergebnis einzig auf die deutsche Staatsangehörigkeit des Wegziehenden abgestellt wird. Auch in der juristischen Literatur finden sich daher vermehrt Stimmen, die diese Regelungen kritisch sehen bzw. aufgrund einer Inländerdiskriminierung für verfassungswidrig halten. (s. z.B. Brandis/Heuermann/ Lampert, § 4 AStG, Rn. 5; Haase, § 4 AStG, Rn. 23; Lademann, § 4 AStG, Rn. 19).
Insbesondere sei in der Ungleichbehandlung zwischen deutschen Staatsangehörigen und anderen Staatsangehörigen ein nicht mehr zu rechtfertigender Verstoß gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Gleichbehandlungs- und Leistungsfähigkeitsprinzip zu sehen (Brandis/Heuermann/Lampert, § 4 AStG, Rn. 5).
Diese Ungleichbehandlung vermag die in der Gesetzesbegründung angeführte besondere Bindung des deutschen Steuerpflichtigen zu Deutschland als Rechtfertigung zur Besteuerung aufgrund der Staatsangehörigkeit nicht mehr zu rechtfertigen.
Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung das Abstellen auf die Staatsangehörigkeit als verfassungskonform gewertet. Jedoch ist diese Entscheidung aus dem Jahr 1986 nach Ansicht von Könemann (in IStR 2012, 560) veraltet und würde aktuell anders entschieden werden:
„Zum einen sind nur deutsche Staatsangehörige von der erweiterten beschränkten Steuerpflicht betroffen. Die Staatsangehörigkeit sagt aber nichts über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aus. […]
Als Rechtfertigung für die Diskriminierung von deutschen Staatsangehörigen führt das BVerfG außerdem an, dass es eine sachgerechte und den Willkürvorwurf ausschließende Erwägung sei, Ausländer nicht von der Rückwanderung in ihre Heimat abzuhalten. Es sei deshalb zulässig, Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit vom Anwendungsbereich des § 2 AStG auszunehmen. Dieses Argument hält aber einer näheren Überprüfung nicht stand. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ließe sich damit nur rechtfertigen, wenn der Wegzug eines Ausländers aus Deutschland in ein Niedrigsteuerland immer – oder jedenfalls typischerweise – eine solche Rückwanderung in die Heimat wäre. Tatsächlich ist dies aber ein seltener Ausnahmefall. In Deutschland leben nur sehr wenige Staatsangehörige von „Steueroasen […]
Es ist wahrscheinlich, dass das BVerfG aufgrund der Weiterentwicklung seiner Rechtsprechung zu Normen des Steuerrechts inzwischen zu einem anderen Ergebnis käme als in seinem Beschluss aus dem Jahr 1986“.
Nach derzeitiger Gesetzeslage bleibt es allerdings dabei, dass deutsche Staatsangehörige bis zu 10 Jahre nach Wegzug mit einer Erbschafts- und Schenkungssteuer rechnen müssen. Dies ist im Falle einer Auswanderung zu berücksichtigen.
VIII. Möglichkeiten, die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu reduzieren
Bei Familienunternehmen kann durch Gründung einer Stiftung im Falle eines Wegzugs ins Ausland die Erbschafts- und Schenkungssteuer (teils) vermieden werden (diese würde ansonsten in Form der Wegzugsbesteuerung bei Veräußerung von Gesellschaftsanteilen erhoben werden). Erreicht werden kann dies aufgrund der sog. Verschonungsregelungen für Stiftungen.
Die Verschonungsregelungen des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts sind bei der Erstausstattung einer Stiftung sowohl im Wege einer Schenkung unter Lebenden (§ 7 I Nr. 8 ErbStG) als auch eines Erwerbs von Todes wegen (§ 3 II Nr. 1 S. 1 ErbStG) anwendbar und stellen eine wesentliche Grundlage einer vorteilhaften Vermögensübertragung auf eine Familienstiftung dar.
Denn die Einbringung unternehmerischen Vermögens in eine Familienstiftung ist aufgrund des Erbschaftsteuerreformgesetzes aus dem Jahre 2009 weitgehend steuerneutral möglich.
Begünstigtes Vermögen kann gem. § 13 b IV ErbStG zu 85% steuerfrei übertragen werden.
Diese Begünstigung von Betriebsvermögen und Kapitalgesellschaftsanteilen kann daher bei Stiftungen vorteilhaft genutzt werden.
- 13 a VIII ErbStG ermöglicht es der Stiftung als Erwerberin außerdem, zu einer 100%-igen Begünstigung des übertragenen Vermögens zu optieren.
Allerdings ist bei Überführung des Vermögens in eine Stiftung zu beachten, dass nach § 1 I Nr. 4 ErbStG die so genannte Ersatzerbschaftsteuer anfällt, wonach das Vermögen einer Familienstiftung alle 30 Jahre der Erbschaftssteuer unterworfen wird. Ziel dieser Regelung ist es, Stiftungsvermögen sonstigem Vermögen gleichzustellen und es zu diesem Zweck im Generationswechsel einmal der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.
Auch kann die durch Erbschaftsteuer bedingte Steuerbelastung durch Ausnutzung der Freibeträge reduziert bzw. vermieden werden. Insbesondere lassen sich diese Freibeträge bei Schenkungen besonders sinnvoll nutzen. Denn diese können bei einer Schenkung, anders als bei der Erbschaft, nicht nur einmalig genutzt, sondern alle 10 Jahre erneut ausgeschöpft werden, § 14 ErbStG.
Um diese Zehn-Jahres-Frist sinnvoll nutzen zu können, empfiehlt sich eine langfristige Steuer- und Vermögensplanung. So kann durch eine frühzeitige Übertragung von Vermögenssummen an die späteren Erben unterhalb der Freibetragsgrenze die Erbschaftsteuer vermieden werden. Im besten Fall verbleibt dann bei Eintritt des Erbfalls lediglich eine zu vererbende Summe in Höhe der geltenden Freibeträge.
Ein weiterer Vorteil bei Schenkungen liegt darin, dass der Betroffene bereits zu Lebzeiten bestimmen kann, was mit dem Vermögen geschieht und ob dessen Wille tatsächlich umgesetzt wird.
Nicht zuletzt kommt hinzu, dass das daran geknüfte Einkommen (Mieterträge, Gewinnbeteiligungen etc.) bei der Schenkung an die minderjährigen Nachkommen vor Eintritt derer Berufstätigkeit im Allgemeinen deutlich niedriger besteuert wird.